Bottrop. Geht ein Notfallanruf bei der Feuerwehr Bottrop ein, stellt diese viele Nachfragen. Matthias Discher erklärt wieso - und geht auf Bedenken ein.

Wer im Notfall 112 wählt, landet in Bottrop in der Leitstelle der Feuerwehr. Dort sitzen Leitstellendisponenten wie Konstantin Schöpke, die die Anrufe entgegennehmen und möglichst schnell die wichtigen Informationen herausfiltern. Um das zu erleichtern gibt es in Bottrop die strukturierte Notrufabfrage. Ein System, anhand welchem die Kräfte schon vor dem Eintreffen am Einsatzort präzise einschätzen können, was sie dort erwartet. Dabei stellt der Leistellendisponent viele Detailfragen, was bei den Anrufern im Angesicht eines Notfalls teils auf Unverständnis stößt.

Im Vordergrund stehen oft Bedenken, dass mit den Nachfragen wertvolle Zeit vergeudet und Rettungskräfte deshalb verspätet am Einsatzort eintreffen könnten. Diese Sorge sei unbegründet, erklärt Matthias Discher, Lagedienstführer bei der Bottroper Feuerwehr. Der 35-Jährige hat 2011 mit seiner Brandmeisterausbildung begonnen, war selbst fünf Jahre in der Leitstelle tätig und ist seit 2022 Vorgesetzter der Leitstellendisponenten. „Wir schicken bereits während des Gesprächs Rettungskräfte zum Einsatzort. Unsere Disponenten haben selbst Erfahrungen im Rettungsdienst und erkennen in der Regel schnell, in welche Richtung der Notfall geht.“

Bottroper Feuerwehr folgt bei der Notfallabfrage einem detaillierten Schema

Daher ist auch die Einstiegsfrage eines jeden Telefonats alles andere als zufällig ausgewählt. „Wir melden uns mit „Notruf Feuerwehr Bottrop. Wo genau ist der Notfallort?“ So können wir, selbst wenn das Gespräch direkt abreißen sollte, Kräfte losschicken“, erläutert Discher. Er sitzt am Arbeitsplatz eines Leitstellendisponenten und demonstriert, wie ein Notruf typischerweise abläuft. Ein Computerprogramm gibt den Kräften Fragen, Antwortmöglichkeiten und darauf aufbauende Fragen und Handlungsanweisungen vor.

Matthias Discher, Lagedienstführer der Feuerwehr in Bottrop, hat selbst jahrelang in der Leitstelle gearbeitet. Er erklärt, nach welchem Schema dort die Notrufe entgegengenommen werden.
Matthias Discher, Lagedienstführer der Feuerwehr in Bottrop, hat selbst jahrelang in der Leitstelle gearbeitet. Er erklärt, nach welchem Schema dort die Notrufe entgegengenommen werden. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Direkt nach dem Einsatzort fragen die Kräfte die Namen des Gesprächspartners und, im Fall von medizinischen Notfällen, des Patienten ab. „Danach fragen wir, was passiert ist. So können wir sofort entscheiden, in welchen Bereich der Einsatz fällt.“ Das System gibt da Rettungsdienst, Brandschutz, Technische Hilfeleistung, ABC-Notfälle und Notrufe über die nora-App vor. Discher demonstriert den häufig angewählten Bereich Rettungsdienst. Über Detailfragen wie „Sind sie bei dem Patienten?“, „Wie alt ist der Patient?“, „Ist der Patient wach?“, „Atmet er?“ und „Wie atmet er?“ verschafft sich der Leitstellendisponent einen Überblick über die Situation. So kann er zum einen die alarmierten Rettungskräfte vorbereiten und zum anderen dem Anrufer Anweisungen geben. Etwa zur Telefonreanimation, bei dem er die Anleitung für eine Herzdruckmassage gibt. Die kann bis zum Eintreffen der Rettungskräfte wichtige Zeit überbrücken.

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Auch für die weitere Arbeit im Hintergrund sind die detaillierten Informationen wichtig. „Gibt es beispielsweise einen Notfall mit schweren Verbrennungen, suchen wir schon freie Brandbetten heraus. In Deutschland gibt es für schwere Fälle nur wenige Spezialkliniken“, sagt Discher. So kann auch ein Hubschrauber schon bedeutend früher am Einsatzort sein.

Strukturierte Notfallabfrage: Bottroper Feuerwehr wirbt um Verständnis der Bürger

Dennoch können Anrufer das Vorgehen nicht immer nachvollziehen. „Wir wissen, dass sie sich in diesem Moment in einer Ausnahmesituation befinden. Sie wollen schnelle Hilfe haben, wissen aber oft nicht, dass diese bereits zu Beginn des Gesprächs geschickt wird. Deshalb weisen wir darauf während des Telefonats auch noch einmal hin“, sagt der 35-Jährige. Das könne im Eifer des Gefechts beim Anrufer aber auch mal untergehen. „Uns ist wichtig zu vermitteln, dass Anruf und Abfahrt der Rettungskräfte parallel ablaufen. Wir lassen keine Zeit verstreichen.“

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Die Qualität der Anrufe habe sich durch die strukturierte Notrufabfrage deutlich verbessert, findet Discher. „Natürlich dauern die Gespräche länger, die Rettungskräfte werden jedoch genauso schnell losgeschickt, wie zuvor auch.“ Bis vor rund sieben Jahren hatte die Bottroper Feuerwehr noch mit den „fünf W-Fragen“ die nötigsten Informationen ermittelt. Da waren die Telefonate kürzer und die Informationen unpräziser.

Bottrop: Leitstellendisponenten waren selbst jahrelang im Rettungsdienst

Seit Februar dieses Jahres ist der Katalog zur strukturierten Notrufabfrage in das Computersystem integriert, sodass sich die Disponenten schnellstmöglich daran entlanghangeln können. „Wir nutzen die strukturierte Notrufabfrage schon seit Jahren. Vorher lief es jedoch als PowerPoint-Präsentation auf einem separaten Monitor. Nun können wir selbst damit interagieren und so viele Eventualitäten abdecken“, erläutert Pressesprecher Michael Duckheim.

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Zudem haben die Disponenten neben mehrjähriger Erfahrung im Rettungsdienst eine spezielle Ausbildung hinter sich. „Jeder Leitstellendisponent ist zum Notfall- oder Leitstellensanitäter ausgebildet. So stellen wir sicher, dass sie einen Notfall genau beurteilen können und die richtigen Maßnahmen einleiten“, erklärt Duckheim.