Bottrop. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Korruptionsverdachts bei Sicherheitsaufträgen. Doch wer bekommt in Bottrop eigentlich die Security-Jobs?

Nachdem die Essener Staatsanwaltschaft vor drei Wochen einen Büroraum im Bottroper Rathaus durchsuchen ließ, dauern die Ermittlungen an. Im Raum steht der Vorwurf der Korruption durch einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes, mögliche Unregelmäßigkeiten bei Vergaben an Sicherheitsfirmen werden untersucht. Die Staatsanwaltschaft gibt auf Nachfrage zu den Ermittlungen keinen Zwischenstand. Doch an wen und zu welchen Konditionen vergibt die Stadt eigentlich Security-Aufträge?

Wir haben bei der Verwaltung nach den Vergaben für die größten Stadtfeste sowie die Flüchtlingsunterkünfte in der Stadt gefragt. Dabei zeigt sich: Es gibt nur zwei Sicherheitsfirmen, die in Bottrop Aufträge bekommen – mit einer Ausnahme.

Vergaberichtlinien: Aufträge unter 1000 Euro müssen nicht schriftlich erteilt werden

Grundsätzlich gilt: Aufträge mit einem Wert unter 1000 Euro müssen nicht ausgeschrieben werden, die Auftragserteilung muss nicht mal schriftlich erfolgen. In den Vergaberichtlinien heißt es lediglich: „Der Erhalt einer Rechnung ist sicherzustellen.“

Bis 5000 Euro Auftragswert muss die Stadt drei Angebote einholen – das geht schriftlich, per Mail oder online. Bis 10.000 Euro muss die Fachdienststelle eine „hinreichende Leistungsbeschreibung“ erstellen. Mindestens drei Angebote müssen eingeholt werden, die Beauftragung muss mittels Bestellschein erfolgen und dokumentiert werden.

Bottroper Ordnungsamt vergibt in der Regel keine Aufträge

So viel zu den Rahmenbedingungen. Interessant auch: Das Ordnungsamt selbst ist in der Regel gar nicht verantwortlich für die Vergabe von Aufträgen an Sicherheitsfirmen, wie Emilio Pintea, Fachbereichsleiter Recht und Ordnung und designierter Rechtsdezernent, erklärt.

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In seltenen Ausnahmefällen kommt es zu spontanen Aufträgen, die telefonisch sehr kurzfristig angefragt werden: zum Beispiel die spontane Massentestung eines Mehrfamilienhauses nach einem Corona-Ausbruch zu Beginn der Pandemie. Oder die kurzfristige Ansammlung sehr vieler Biker an der Grafenmühle, wo der Kommunale Ordnungsdienst Unterstützung angefragt hat.

Auch bei größeren Bombenentschärfungen kann das Ordnungsamt einen Sicherheitsdienst zur Unterstützung heranziehen – ohne Rahmenvertrag oder Richtlinien. Ansonsten zeigt die Liste der städtischen Vergaben, dass meistens entweder das Kulturamt oder die städtische Immobilienwirtschaft Aufträge an Sicherheitsfirmen vergibt.

Größte Sicherheitsaufträge bei Veranstaltungen: Karnevalskirmes und Rosenmontagszug

Die größten Aufträge bei Veranstaltungen in diesem Jahr wurden rund um Karneval rausgegeben. Erstmals hat die Stadt einen Sicherheitsdienst für die Karnevalskirmes engagiert: Für 5200 Euro hat sich MSM Security um die Sicherheit auf dem fünftägigen Innenstadt-Rummel gekümmert. Für die Dienstleistung seien drei Angebote verglichen worden, die Immobilienwirtschaft hat den Auftrag erteilt.

Die Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hingegen hat die Sicherung des Rosenmontagszuges beauftragt: 4300 Euro für die Absperrung der Straßen mit Gittern, 539 Euro für fünf Sicherheitskräfte, die eingesetzt waren – umgesetzt von Winter Security. Auch hier seien drei Angebote eingeholt worden.

Kleinere Aufträge, die freihändig vergeben worden sind, sind die Nachtwachen bei mehreren Kulturveranstaltungen in den Jahren 2022: So zahlte das Kulturamt 250 Euro für die Nachtwache beim Michaelismarkt und ebenso viel für die nächtliche Sicherung des Nikolausmarktes sowie 500 Euro für die Nachtwache beim Stadtflimmern. 1000 Euro kosteten das Kulturamt drei Nachtwachen sowie eine Eventbewachung bei der Extraschicht im vergangenen Jahr. Alle Aufträge gingen an Winter Security.

Rahmenverträge zur Sicherung von Kulturgebäuden

Bei Stundenpreisen, die bei rund 20 Euro netto liegen, erscheinen die Preise sehr niedrig. Woran das liegt? Die zentrale Immobilienwirtschaft habe einen Rahmenvertrag mit Winter Security für die Bewachung von städtischen Kulturgebäuden, so der stellvertretende Stadtsprecher Ulrich Schulze. Im Rahmen dessen seien die einzelnen Nachtwachen on top gekommen.

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Bei der Herbstkirmes gab es im vergangenen Jahr keinen Sicherheitsdienst, die Vergabe für dieses Jahr steht noch aus. Die anderen Bottroper Großveranstaltungen – Bottrop Original, Weihnachtszauber und Eiszauber – sind nicht von städtischer Seite organisiert worden.

Weit höher als die Ausgaben für Veranstaltungen sind die, die für die Sicherung von Flüchtlingsunterkünften notwendig sind. Viele Vergaben sind dabei im vergangenen Jahr wegen des Zeitdrucks kurzfristig erfolgt; die Verträge sind monatlich kündbar.

Aufträge: Sechsstellige Ausgaben pro Flüchtlingsunterkunft

So hat Winter Security den Zuschlag für die Sicherung der Turnhalle am Südring, in der ehemaligen Schule an der Glückaufstraße, im katholischen Stadthaus an der Paßstraße sowie für die Containerdörfer an der Hans-Böckler-Straße, an der Schelling- und Schubertstraße bekommen. Hier bewachen jeweils zwei Mitarbeiter die Anlagen zwischen 18 und 6 Uhr zu einem Stundenlohn von netto 20,50 Euro.

MSM Security ist für die Sicherheit im Containerdorf Am Tollstock zuständig (18 bis 6 Uhr, 19,50 Euro/Stunde) sowie für die 24-Stunden-Bewachung des Hotels an der Gladbecker Straße durch zwei Mitarbeiter für 18,90 Euro die Stunde.

Es gibt aber auch langfristiger Vergaben bei den Flüchtlingsunterkünften – bei denen, die auch mit mehr Vorlauf geplant worden sind. Mit der Dauer von einem Jahr hat die Immobilienwirtschaft folgende Aufträge öffentlich ausgeschrieben und schließlich erteilt, die mit Bezug der Einrichtungen beginnen:

  • Morianhaus: OS Security aus Bochum, 239.794,52 Euro, zwei Mitarbeiter von 17 bis 6.30 Uhr
  • Fernewaldstraße: MSM Security, 230.802,88 Euro, zwei Mitarbeiter von 6 bis 18 Uhr
  • Alter Postweg, Schacht zehn: MSM Security, 428.766,52 Euro, zwei Mitarbeiter rund um die Uhr

Das Ergebnis der Ausschreibung für die Unterkunft an der Tannenstraße steht noch aus. Rechnet man die Ausgaben für die Sicherheit an den Flüchtlingsunterkünften zusammen, liegen sie bei über 1,5 Millionen Euro für ein Jahr.