Bottrop. Das „Königreich Deutschland“ wird der Reichsbürgerszene zugerechnet. Deshalb hat eine Bottroper Hotelchefin deren Veranstaltungen abgesagt.
Das „Königreich Deutschland“ ist nach Bottrop gekommen. Diese Bewegung, deren Führer Peter Fitzek sich 2012 tatsächlich zum „König von Deutschland“ krönen ließ, hatte das Bottroper Hotel Chillten zum NRW-Zentrum seiner Nachwuchswerbung gemacht und warb dort um neue „Staatsbürger“. Klingt abgedreht, ist aber hochgefährlich, warnt das Sekten-Info NRW, das seit 1984 mit Förderung des Landes NRW Betroffene berät und die Öffentlichkeit warnt vor „neuen, religiösen und ideologischen Gemeinschaften und Psychogruppen.“ Peter Fitzek sei ein „bekannter Vertreter der Reichsbürgerbewegung“, sagt Christoph Grotepass vom Sekten-Info. Die Reichsbürgerbewegung erkenne die Autorität und Befugnisse des deutschen Staates nicht an.
„Das Königreich kämpft nicht gegen das BRD-System“
So direkt sagen die Vertreter des „Königreiches Deutschland“ (KRD) das natürlich nicht. Für ein Infoseminar zum „Gemeinwohlstaat der Zukunft“, das am 18. März im Hotel in der Boy hätte stattfinden sollen, warben die Veranstalter mit folgender Formulierung: „Das Königreich kämpft nicht gegen das BRD-System, sondern baut friedlich daneben, vollständig neue, eigene Strukturen in allen Bereichen des Lebens, zum Wohle von Mensch und Tier, der Natur und der Erde, im Einklang mit den Schöpfungsgesetzen auf.“
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Für den 15./16. April zum Beispiel hatte das „Königreich Deutschland“ ins Hotel Chillten eingeladen zum „Basis-Modul: Systemausstieg“. Für 374 Euro pro Teilnehmer sollte es unter anderem um Aspekte gehen wie „Alternativen zu Personalausweis, Reisepass und Führerschein; Vorstellung der E-Mark – die zins-, steuer- und schuldfreie Währung des Gemeinwohlstaates; Kontoeröffnung bei der Königlichen Reichsbank - die einzige Bank, die am Gemeinwohl ausgerichtet ist!“ Dieses Seminar ist zudem „die Voraussetzung für die Erlangung der Staatsangehörigkeit im KRD.“
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Das „Königreich Deutschland“ und sein Bankwesen sind der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) seit Jahren ein Dorn im Auge. Mehrfach hat sie dem „König von Deutschland“ und seinen Beauftragten verboten, Geldinstitute und Versicherungen ohne die notwendigen Lizenzen zu betreiben. Im Gegenzug verhöhnt Fitzek die Behörde öffentlich als „zahnloser Tiger“.
Der hat ihm aber jetzt die Krallen gezeigt: am 23. Februar hat die BaFin nach eigenen Angaben Fitzeks „Gemeinwohlkassen“ in Wittenberg, Dresden und im westfälischen Menden von der Polizei schließen lassen. Begründung: „Die BaFin hat gegenüber Herrn Fitzek bereits bestandskräftig die Beendigung und Abwicklung der unerlaubt betriebenen Geschäfte angeordnet“ - und jetzt vollzogen. Staubtrockener Schlusshinweis der Verfügung: „Für Notfälle sind Schlüssel in den örtlichen Polizeidienststellen hinterlegt.“
Auch der Magdeburger Reichsbürger Manuel Zieber soll im Februar eine Veranstaltung im Chillten abgehalten haben. Das Sekten-Info zählt sein Zentrum für „Meridian-Energie-Techniken“ und Heilmethoden wie seine „Klopftechnik“ zu „einer weiteren Gruppierung, die immer wieder unfassbares Leid verursacht: die neue Germanische Medizin“. Deren Glaubenssätze fasst Grotepass im Jahresbericht 2017 des Sekteninfos so zusammen: „Die Lehre dieser Gruppe besagt, alle Krankheiten beruhen auf inneren Konflikten. Löst man die Konflikte, dann verschwindet auch die Krankheit, dies gilt auch für Diabetes oder Krebs. Immer wieder sterben Menschen, die an diese Lehre glauben, und fügen damit nicht nur sich selbst, sondern auch ihren Angehörigen große Schmerzen zu.“
Diese Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger hatten schon bis August 2023 regelmäßig Vorträge und Seminare im Chillten gebucht, ohne dass das Chillten-Team Böses geahnt hatte. „Wir hatten bis Februar keine Kenntnis darüber“, sagt Hotelchefin Susanne Timm auf WAZ-Anfrage. „Eine Privatperson hat einen unserer vier Seminarräume gebucht mit unverfänglichen Seminartiteln. Die Teilnehmer machen die Tür hinter sich zu und sind unter sich. So machen andere ihre Seminare bei uns auch.“
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Durch einen Anruf wurde die Hotelchefin auf die zweifelhafte Kundschaft aufmerksam gemacht. „Als wir das im Team besprochen haben, berichtete ein Mitarbeiter von Facebook-Posts, die sich um die Veranstaltungen etwa des Königreichs Deutschland bei uns drehen.“ Susanne Timm begann zu recherchieren.
Sie machte dabei einige überraschende Erfahrungen, über die sie öffentlich nicht berichten will. Dem folgte eine klare Entscheidung: Alle gebuchten Veranstaltungen des KRD wurden abgesagt. Susanne Timm: „Das Königreich Deutschland ist aus unserem Haus ausgezogen.“