Bottrop. 60 Jahre Elysee-Vertrag, 60 Jahre Deutsch-Französische Gesellschaft in Bottrop und Tourcoing. Der Verein nimmt das zum Anlass, größer zu feiern.

Keine 20 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs reicht Frankreichs Präsident Charles de Gaulle Bundeskanzler Konrad Adenauer – und damit auch dem „Erbfeind“ und Kriegsgegner Deutschland – die Hand zur Versöhnung. Am 22. Januar wird die deutsch-französische Freundschaft offiziell besiegelt, der Elysee-Vertrag von beiden weitsichtigen Staatsmännern unterzeichnet.

Im gleichen Jahr finden sich auch 30 Bottroperinnen und Bottroper um den Rechtsanwalt Alfred Borgmann im alten Kolpinghaus zusammen und gründen die Deutsch-Französische Gesellschaft (DFG). Das ist sozusagen die Antwort auf die bereits im Juli zuvor in der späteren Partnerstadt Tourcoing unter Federführung von Roger Lecomte gegründete Gesellschaft „Amis de Bottrop“.

Alfred Borgmann (l.) und Roger Lecomte gründeten Anfang der 60er Jahre die Deutsch-Französische Gesellschaft und die „Amis de Bottrop“ in ihren Heimatstädten Bottrop und Tourcoing.
Alfred Borgmann (l.) und Roger Lecomte gründeten Anfang der 60er Jahre die Deutsch-Französische Gesellschaft und die „Amis de Bottrop“ in ihren Heimatstädten Bottrop und Tourcoing. © FUNKE Foto Services | Repro.Thomas Gödde

Am Anfang stehen private Kontakte der Familien Borgmann und Rehse sowie Nyssen aus Tourcoing. Ein Schlüsselerlebnis ist dabei sicher die vom späteren DFG-Vorsitzenden Heinz Becker auch in der Chronik der Freundschaft Bottrop – Tourcoing erzählte Geschichte von Familie Nyssen, die mit ihren kleinen Kindern an bekannter Raststätte in Bottrop auf der A2 Halt machte und feststellte: Es gibt keine Milch für die Kinder.

An Fast-Vollsortimente an Raststätten wäre in den 50er-Jahren nicht zu denken gewesen, schon gar nicht an einem Sonntag. Pächter Theo Rehse und Alfred Borgmann setzten da fast Himmel und Hölle in Bewegung – und trieben doch noch Milch aus Privatbeständen auf.

Eigentlich nicht weit weg - gefühlt manchmal schon. Diese Damen und ein Herr aus Tourcoing freuen sich in den 60er Jahren über die vollzogene Städtepartnerschaft mit Bottrop.
Eigentlich nicht weit weg - gefühlt manchmal schon. Diese Damen und ein Herr aus Tourcoing freuen sich in den 60er Jahren über die vollzogene Städtepartnerschaft mit Bottrop. © FUNKE Foto Services | Repro:Thomas Gödde

1967 wird die Städtepartnerschaft besiegelt

„Es sind Episoden wie diese, aber neben dem privaten auch der Austausch auf sportlicher Ebene, erste Annäherungen auf politischer Seite, die den Boden für die Freundschaft und später offizielle Städtepartnerschaft legen“, sagen Heike Biskup und Martin Welling, die im Jubiläumsjahr an der Spitze der DFG stehen. Es gebe heute zwar dreimal so viele Mitglieder, gut 90, als bei der Gründung 1963, aber die 100 möchten beide in diesem Jahr gerne wieder „knacken“.

Eine Episode muss aber dennoch erwähnt werden: Die erste (von mehreren) bi-kommunale Ehe zwischen David Chomez und der Bottroperin Marlis Tinius 1966. In die 60er-Jahre fallen auch die ersten offiziellen Kontakte von Rat, Verwaltung und Oberbürgermeistern beider Städte, die 1967 die offizielle Besiegelung der Städtepartnerschaft krönt. Bottrop feiert das unter anderem mit einem riesigen Volksfest, bei dem sogar Rex Gildo aufritt.

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Die Deutsch-Französische Gesellschaft setzt seither Impulse für den gegenseitigen Austausch und hält durch Veranstaltungen und Aktionen vor allem auch die kulturelle Fahne des wichtigen Nachbarlandes in Bottrop hoch. „Das ist umso wichtiger, weil wir seit Jahren in beiden Ländern feststellen, dass die Sprache des Nachbarlandes von immer weniger Menschen erlernt wird, nicht nur in den Schulen“, sagt Martin Welling, der bis 2014 Schulleiter des Heinrich-Heine-Gymnasiums war. Er und Heike Biskup stehen im Jubiläumsjahr mit der DFG in noch engerem Austausch mit den Freunden in Tourcoing: „Als lokale Achse der großen deutsch-französischen Freundschaft.“