Bottrop. So würdigt die Jury die künstlerische und pädagogische Arbeit von Maike Dähn. In ihrer Ausstellung geht es um das aktuelle Thema Naturzerstörung.
Das war knapp. Als die Entscheidung fiel, den Förderpreis der Stadt an die Pädagogin und Künstlerin Maike Dähn zu vergeben und das auch noch am 10. Juni durch den Kulturausschuss musste, blieben keine zwei Wochen mehr. Danach hätte die am 23. Juni 1992 in Bottrop Geborene nicht mehr Förderpreisträgerin werden können – und zum Beispiel auf den Kulturpreis warten müssen. Denn laut Satzung darf die Auszeichnung nur bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres vergeben werden.
Preisträgerin zeigt Ausstellung in der alten „Städtischen Galerie“
Auch die Preisverleihung musste verschoben werden, denn vor acht Wochen bekam Maike Dähn ihr zweites Baby. Die „Schonzeit“ ist nun im Januar zu Ende und dann erfolgt die Preisverleihung und zugleich die Eröffnung einer Einzelausstellung im Kulturzentrum, der alten „Städtischen Galerie“.
„Die neue Halle B12 ist ein sehr guter Ort für Kunst, aber ich glaube, für meine neuen Arbeiten wäre er einfach zu groß“, sagt Maike Dähn in der ihr eigenen Bescheidenheit. Außerdem hat sie in dem markanten Muster der historischen Bodenfliesen des früheren Jungengymnasiums eine stilisierte Form entdeckt, die sie in ihrer neuen konzeptuellen Arbeit aufgreift.
Lesen Sie weitere Berichte aus Bottrop:
- Wohngeld in Bottrop:So lange müssen Antragsteller warten
- Bottrop 2022:Diese Geschäfte haben geöffnet - oder geschlossen
- Schulwechsel: Das bieten Bottrops weiterführende Schulen
- Letzte Generation:Warum Malte (19) sich auf Asphalt klebt
Die zeigt sie unter dem Titel „Der Gute Heinrich“. Dahinter verbirgt sich nichts Literarisches, wie sich vielleicht vermuten ließe. So heißt schlicht eine Pflanze, die unscheinbar an Weg- oder Feldrändern aber auch an lockeren Fugen im ländlichen Raum Mitteleuropas zu finden ist. Er ist grün wie junger Spinat und schmeckt auch so, würde man ihn finden.
„Der Gute Heinrich gehört zu den Pflanzenarten, die auf der roten Liste der stark gefährdeten Arten stehen“, weiß die Künstlerin. Und vor allem zu den Arten, an deren Verschwinden nachgewiesenermaßen allein der Mensch schuld ist. Durchsanierte Dörfer, dichte Verfugungen selbst an Burgruinen, „saubere“ Wege und Feldraine, machen selbst anspruchslosen Pflanzen wie ihm, der nicht einmal Insekten zur Bestäubung benötigt (das übernimmt schlicht der Wind), das Leben schwer oder unmöglich.
Maike Dähn sieht sich immer auch als Konzeptkünstlerin – man erinnere sich an ihre Arbeiten „Tinnitus“ oder „Serienjunkie“, ihre Einzelausstellung 2019 im Quadrat in der Jahresausstellung Bottroper Künstler. Dass nun gleich der Gute Henrich zum Namensgeber der Ausstellung wird, findet Maike Dähn als folgerichtig. „Um ihn geht es und irgendwie erinnert mich der Name auch an die Verursacher seines Verschwindens – es sind oft ja die vielzitierten ,alten weißen Männer’, die über viele Jahre zu dessen Verschwinden beigetragen haben“, sagt die Künstlerin.
Der „Gute Heinrich“: gefährdete Pflanzenart in künstlerischer Variation
In der Förderpreis-Ausstellung variiert sie die Formen der Pflanze, Blätter und Stängel, die sie in Zeichnungen, Drucken, Malerei aber auch Objekten zeigt. Während Arbeitsphase, in der sie immer wieder auch zum Mittel der Abstraktion greift, fiel ihr auf einmal die Ähnlichkeit zum Fliesenmuster im Kulturzentrum auf. Der früher von vielen Ausstellungsmachern als „schwierig“ bezeichnete Raum „passt“ für ihre Arbeit, findet Maike Dähn. Man darf also gespannt sein, wie sie das Thema „Guter Heinrich“ variiert und umsetzt.
+++ Nachrichten aus Bottrop direkt ins Postfach: Hier geht es zum Bottrop-Newsletter +++
Die zweite Seite der Bottroperin, die seit dem Studium in Essen lebt, hängt mit eng Kunst zusammen. Seit Kurzem gehört sie zum Lehrerkollegium der Schule, an der sie ihr Abitur machte – dem Josef-Albers-Gymnasium. Zuvor war sie im Museum Quadrat aber auch in der Kulturwerkstatt in die Pädagogik eingebunden. Letztlich habe aber die Möglichkeit einer längerfristigen und umfassenden Begleitung von Jugendlichen den Ausschlag für das Lehramt gegeben. Da geht es einmal wie schon bei Josef Albers darum, Augen zu öffnen für Farben und Bilder. „Vor allem aber um Bildkompetenz, das Erkennen von Manipulation und welche ,Bilder’ die Natur selbst mit sich bringt.“ Sicher ebenso spannend, wie der künstlerische Ausdruck selbst.
Die bisherigen Förderpreisträger
Thomas Grandoch war 2012 der erste Förderpreisträger der Stadt. Der Bottroper, der heute in Berlin lebt, wurde für seine Verdienste um das Theaterleben der Stadt ausgezeichnet. Im Zentrum stand dabei die spektakuläre Inszenierung von Verdis Oper „Aida“ (2010) für die Arena auf der Halde Haniel. Später inszenierte der 1983 Geborene, der auch als Medienunternehmer arbeitet, auch „The Lighthouse“ von Peter Maxwell Davies im Malakoffturm und 2016 die zweite Oper auf der Halde: Wagners „Der fliegende Holländer“.
Lennart Allkemper erhielt 2016 nicht nur den Förderpreis sondern gleich auch den Kulturpreis der Stadt Bottrop, dessen jüngster Träger er mit damals 23 Jahren auch war. Der Saxophonist, der ursprünglich Profi-Judokämpfer werden wollte, hat nach seinem musikalischen Frühstart in Bottrop eine bemerkenswerte Musikkarriere hingelegt, die ihn bereits mit Größen wie Peter Herbolzheimer, Silvia Droste, Uli Beckerhoff, Vince Mendoza, Till Brönner und nicht zuletzt auch mit mit dem ebenfalls aus Bottrop stammenden Theo Jörgensmann zusammenführte.