Bottrop. Anwohner ärgern sich über die Jugendeinrichtung „Flow“ in Bottrop-Eigen: Sie werden angepöbelt, haben Müll im Garten und Fäkalien im Briefkasten.
Die Schilderungen ähneln sich: Müll in Gärten und Vorgärten, zum Teil unflätige Pöbeleien und Beschimpfungen, Lärm. Was die Nachbarn der Flow-Einrichtung „Warteraum“ in der Boy seit Jahren erleben, schildern auch Anwohner eines Wohnprojekts von Flow auf dem Eigen, die jetzt entnervt Kontakt zur WAZ aufnahmen.
Aus Furcht vor „Racheakten oder weiteren Beschädigungen“ möchten die Anwohner lieber nicht namentlich in der Zeitung genannt werden. Dem Flow-Team sind aber auf jeden Fall einige Namen bekannt, da zurzeit ein Rechtsstreit wegen Fotoveröffentlichungen und im Internet abgegebenen Bewertungen zwischen Flow und einer Anwohnerin läuft.
Bottroper Anwohner von Flow: Fäkalien im Briefkasten
Deswegen möchte Flow auch gegenüber dieser Zeitung keine Fragen zu dem Wohnprojekt Am Limberg beantworten. Für einen „konstruktiven Austausch über die Projektidee steht man zu einem späteren Zeitpunkt aber gerne zur Verfügung“, so eine Flow-Mitarbeiterin. Eine Nachbarin, deren Tochter Bilder ins Netz gestellt hatte, auf denen neben dem Umfeld und nächtlichen Sicherheitseinsätzen auch Bewohner und Mitarbeiter der Einrichtung zu sehen sind, weiß von dem Anwaltsschreiben.
Inzwischen habe man Bilder von Personen entfernt. Aber niemand könne nachvollziehen, warum man unmögliche Situationen oder Fotos von den Einsätzen nicht veröffentlichen dürfe, die sich ja im öffentlichen Raum abspielten. Auch das habe der Flow-Anwalt untersagen wollen.
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„Wir haben das Gefühl, hier komplett allein gelassen zu werden, auch von unserer Stadt, und wissen uns einfach nicht mehr zu helfen“, so die schwerkranke Frau, die teilweise auf einen Rollator angewiesen ist. „Dabei wollen wir nachts einfach nur schlafen können, keine Fäkalien aus dem Briefkasten holen müssen und nicht ständig Müll oder Essenreste aus dem Garten und Vorgarten entsorgen.“ Manchmal sei es kaum möglich, mit der Gehhilfe aus der Einfahrt oder über den Bürgersteig zu kommen, denn chaotisch geparkt würde zudem.
Anwohner haben den Eindruck, das Flow-Mitarbeiter oft überfordert sind
Eine andere Nachbarin nickt. „Ich wohne hier seit 40 Jahren, die Umgebung leidet, manche hätten Angst, etwas zu sagen, so etwas hat es hier noch nie gegeben.“ Sicher, es habe auch Treffen mit Flow-Verantwortlichen gegeben. „Aber was nützt das, wenn es hinterher nicht besser wird. Wir haben den Eindruck, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Jugendlichen zum Teil völlig überfordert sind.“
Es folgen Schilderungen von Schreien und lauten Auseinandersetzungen auch in den Häusern. Es seien schon Möbel geflogen oder offensichtlich zerdeppert worden und kurz drauf stünden wieder Lieferwagen bekannter Einrichtungsfirmen vor der Tür. Was das alles kostet, wollen die Anwohner lieber nicht zusammenrechnen.
In den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten ist die Einrichtung vor knapp zwei Jahren bei einem großen nächtlichen Brand, den Jugendliche verursacht hatten, als sie Bücher in einem Garagenanbau verbrennen wollten. Dabei hatte es auch Beschädigungen eines Nachbargrundstückes gegeben. Ein Übergreifen des Feuers auf Nachbargeragen und Gärten konnte die Feuerwehr bei dem Einsatz gerade noch verhindern.
Ein Spielplatz als Angstraum – Mädchen von Jugendlichen bedroht
Ein Nachbar erinnert sich ebenfalls. Er hatte damals die Feuerwehr alarmiert. Und: Der Inhaber einer Firma, dessen Wohnhaus an der Brabus-Allee liegt, bestätigt die Aussagen über die Zustände am Limberg. Seine 14-jährige Tochter sei am nahe gelegenen Spielplatz von drei Mädchen aus der Flow-Einrichtung so bedroht worden, dass sie zeitweise Angst hatte, diesen Weg zu nehmen.
Die Stadt und Flow
Das Wohnprojekt Am Limberg ist laut Flow eine Verselbstständigungseinrichtung für Jugendliche, die aber keinesfalls auf dem Weg in eine psychiatrische Einrichtung sind, wie Anwohner schon befürchteten.
Laut Stadt und Jugendamt sei es in letzter Zeit aber nicht vermehrt zu Polizei- oder Ordnungsdiensteinsätzen gekommen. Man wisse aber, dass dort, wie auch an der Blankenstraße, keine einfache Klientel untergebracht sei. Wenn man von schwereren Vorkommnissen höre, fordere man die Flow in jedem Fall zur Stellungnahme auf, so Jugendamtsleiter Karl Trimborn.
Ein Problem sei seiner Meinung nach, dass die Jugendlichen ständig wechselten. „Wir merken sofort, wenn wieder Neue dort sind“, so der Vater zweier Kinder. Er beobachtet immer wieder auch Wagen mit auswärtigen Kennzeichen, aus denen Jugendliche aussteigen oder Leute irgendwelche Geschäfte mit Flow-Jugendlichen abwickeln.
Besuche von Bezirksbürgermeister Klaus Kalthoff und Flow-Mitarbeitern haben alle Anwohner positiv aufgenommen. Nur geändert habe sich einfach nichts. Vielleicht sollte das Konzept an diesem Ort neu gedacht werden.