Bottrop. Sperrung für Autoverkehr dauert an. Arbeiten liegen aber im Zeitplan. Was gerade genau passiert, erfuhr die WAZ vom Bau-Team.

Die Baustelle an der Brücke „Im Fuhlenbrock“ ist im Zeitplan. Das teilte Ralf Hildebrandt, Projektingenieur der RAG Montan Immobilien, bei einem Termin vor Ort mit. Die RAG ist Bauherrin. Seit Ende Februar ist die stark befahrene Brücke für den Verkehr gesperrt. Nur Fußgänger und Fahrradfahrer, die ihr Rad schieben müssen, dürfen sie überqueren. Die Sperrung der Straße wird voraussichtlich noch bis Juli dauern, so sieht es die Planung vor.

Ralf Hildebrandt, Projektingenieur der RAG, die die Brückenerneuerung betreibt, und Mitarbeiter des Sanierungs-Teams unterhalb des aufwändig gesicherten Bauwerks.
Ralf Hildebrandt, Projektingenieur der RAG, die die Brückenerneuerung betreibt, und Mitarbeiter des Sanierungs-Teams unterhalb des aufwändig gesicherten Bauwerks. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Die Verantwortlichen auf der Baustelle sind zuversichtlich. „Wir wollen die Arbeiten auf der Oberseite voranbringen“, sagt Simon Ostermann, Bauleiter vom ausführenden Bauunternehmen Heitkamp. Danach ist aber längst nicht Schluss. Denn wenn oben die Brücke wieder für den Verkehr freigegeben werden sollte, wird unter dem Bauwerk weiter gearbeitet. „Die Arbeiten, die unten getätigt werden, sind unabhängig vom oberen Verkehr“, so Ostermann. Der Abschluss der gesamten Baustelle ist für Ende Oktober vorgesehen.

Simon Ostermann, Bauleiter der ausführenden Firma Heitkamp, begutachtet die Leitungen. Die mussten durch eine Gerüst vom eigentlichen Bauwerk entkoppelt werden, damit sie durch die Arbeiten nicht beschädigtwerden.
Simon Ostermann, Bauleiter der ausführenden Firma Heitkamp, begutachtet die Leitungen. Die mussten durch eine Gerüst vom eigentlichen Bauwerk entkoppelt werden, damit sie durch die Arbeiten nicht beschädigtwerden. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Unterdessen ist die Sanierung nach wie vor in vollem Gange. Der alte Fahrbahnbelag ist entfernt worden, mitsamt dem darunter liegenden Schutzbeton. Bordsteine sind entfernt und die Geländer abgebaut worden. Übrig geblieben ist der nackte Rohbau. Eine Hochspannungsleitung sowie eine Gas- und Wasserleitung mussten vom Bauwerk gelöst werden. „Starke Vibrationen wie bei Fräsarbeiten mögen die Leitungen nicht“, erklärt Bauleiter Dominik Radtke von Heitkamp. Es sind starre Leitungen, die im Betrieb sind und nur minimal in ihrer Lage verändert werden können. „Die Leitungen kann man nicht einfach abschalten“, sagt Ralf Hildebrandt. Deswegen wurde ein Gerüst aufgebaut, um sie ein wenig vom Bauwerk zu entkoppeln. Nach der Sanierung kommen die Leitungen zurück an ihren angestammten Platz. Ein aufwändiger Arbeitsschritt, generell mussten im Vorfeld zahlreiche Abstimmungen unter anderem mit Versorgern wie RWW, EVNG und der Vestischen, die ihre Busse seit Februar umleiten muss, getroffen werden.

Allein die Planungsphase dauerte ein Jahr

„Die Planungsphase hat etwas mehr als ein Jahr gedauert“, sagt Mike Friedrich vom Büro Ahlenberg Ingenieure. Der Untergrund ist zudem mit einem Sandstrahl unter Hochdruck vorbehandelt worden. „Das ganze Bauwerk wird vom Rohbeton aus komplett neu aufgebaut“, erklärt Dominik Radtke. In diesen Tagen sind Mitarbeiter mit der Instandsetzung beschäftigt. Überall auf der Brücke verteilt sind Schadstellen farblich markiert. Manche Schäden sind deutlich zu erkennen, weil dort mittlerweile der verrostete Stahl aus dem Beton das Tageslicht erblickt. Diese Flächen werden zunächst aufgestemmt. Es erinnert ein bisschen wie der Besuch beim Zahnarzt. Wenn jemand ein Loch im Zahn hat, muss der Arzt das Loch auch weiter aufbohren. Dasselbe passiert aktuell an der Brücke „Im Fuhlenbrock“.

Im Luftbild wird’s deutlich: Die Brücke ist eine der Hauptverkehrsschlagadern für den Ortsteil Fuhlenbrock. Im Hintergrund zusehen: die Halde Haniel.
Im Luftbild wird’s deutlich: Die Brücke ist eine der Hauptverkehrsschlagadern für den Ortsteil Fuhlenbrock. Im Hintergrund zusehen: die Halde Haniel. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Womöglich kann der Rostansatz im Beton viel umfangreicher sein, als er auf den ersten Blick zu sehen ist. „Wenn die Schadstelle freigelegt ist, kann sie zwei- oder dreimal so groß sein“, erklärt Mike Friedrich. Neben Sichtprüfungen ist vorab das gesamte Bauwerk mit einem speziellen Prüfhammer abgeklopft worden, um Schadstellen im Beton ausfindig zu machen. „Es ist mühsam, aber muss gemacht werden“, sagt Simon Ostermann. Aufgrund eines sinkenden ph-Werts im Beton im Laufe der Jahre und Jahrzehnte kann es zu diesen Abplatzungen kommen. Denn der Beton nimmt Kohlendioxid aus der Luft auf, und wird dadurch in der Folge anfällig - etwa für Feuchtigkeit. Die eingebetteten Stahlstäbe beginnen, immer mehr Rost anzusetzen. „Das Volumen dehnt sich aus. Es entsteht ein Sprengdruck“, sagt Ostermann.

Verkehr und Witterung haben den Beton stark geschädigt

Hinzu kommt die dauerhafte Belastung durch Verkehr und Witterung, die der Brücke zusetzen. In der Folge können Risse entstehen oder der Beton eben abplatzen. Diesen Schadstellen geht es bei der Instandsetzung nun an den Kragen. Nachdem die rostigen Flächen freigelegt sind, wird ein Korrosionsschutz auf das Eisen aufgetragen. Anschließend werden die Stellen gespachtelt und abgedichtet, sodass alles wie neu aussieht und der Stahlbeton wieder seinen Zweck erfüllt.

Neuer Straßenbelag aus „Flüsterasphalt“ - Gesamtkosten: eine Million Euro

Die Straße auf der Brücke „Im Fuhlenbrock“ erhält nach Angaben von Projektingenieur Ralf Hildebrandt (RAG Montan Immobilien) „einen geräuscharmen Asphalt“. Die Kosten für die gesamte Baumaßnahme belaufen sich auf rund eine Million Euro und werden von der RAG Aktiengesellschaft übernommen. Der Radweg unter der Brücke gehört zum Radwegenetz des Regionalverbandes Ruhr (RVR) und führt über die ehemalige Trasse der Zechenbahn Jacobi-Haniel. Die Strecke kann trotz der Sanierung genutzt werden.