Düsseldorf/Kreis Wesel. Ein Schäfer aus Hünxe hat nach mehreren Verlusten von Tieren auf den Abschuss von Wölfin Gloria geklagt. Das Gericht entschied gegen die Tötung

Wölfin Gloria wird nicht zum Abschuss freigegeben. Nach einer vierstündigen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf wies das Gericht die Klage des Hünxer Schäfers Kurt Opriel ab. Opriel forderte die Entnahme des Tieres. Die Wölfin hatte wiederholt Schafe des Schäfers gerissen, seinen Angaben zufolge bislang 26 Stück.

Mit der Klage ist der Schäfer vor dem Verwaltungsgericht gescheitert. Das Gericht lehnte den Abschuss der Niederrhein-Wölfin ab. Dem Kläger würden keine ernsthaften wirtschaftlichen Schäden drohen, hieß es in der Urteilsbegründung.

Bereits im Januar scheiterte Opriel mit einem Eilantrag vor Verwaltungsgericht, dass den Kreis Wesel dazu veranlassen sollte, die Entnahme von Wölfin Gloria zu erteilen. Durch das Urteil scheiterte auch der zweite Versuch von Schäfer Kurt Opriel, Gloria aus dem Wolfsgebiet Schermbeck zu entfernen.

Unklare Richtlinien für den Herdenschutz

Begleitet wurde die Verhandlung von großem medialen Interesse. Viele Fernsehteams und Pressevertreter waren vor Ort. Ebenso weitere Schäfer vom Niederrhein, die sich mit dem Kläger solidarisierten. Im Gerichtssaal erklärte Opriels Anwalt Stefan Steinkühler, dass sein Mandant sich an die Richtlinien zum Herdenschutz gehalten habe. Der Schäfer ließ einen neuen Stall auf eigene Kosten errichten. Kostenpunkt: Etwa 150.000 Euro. Subventionen sollen nach Angaben des Anwaltes hierfür nicht geflossen worden sein.

Dennoch seien die Vorgaben für einen zumutbaren und ausreichenden Herdenschutz, die das Land NRW vorgibt, aus Sicht der Kläger unklar. Höhere Zäune seien anfälliger für Wind, mobile Weidenzäune unzumutbar für seine Schafe, erklärte Opriel. Auch Herdenschutzhunde seien nicht das Allheilmittel, sich vor Wolfsangriffen schützen zu können. Zudem gebe es keine genauen Vorgaben, wie viele Hunde Kurt Opriel benötigt, um seine Schafsherde ausreichend zu schützen.

„Es gibt viele Ungereimtheiten bei den Regelungen zum Herdenschutz. Weiterhin gibt es keine genauen Regeln, wie viel Herdenschutzhunde überhaupt gebraucht werden“, kritisierte Opriels Anwalt Stefan Steinkühler.

Ausnahme liegt nicht vor

In einem Schlagabtausch stritten Dr. Matthias Kaiser vom Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV) und Stefan Steinkühler, ob Wölfin Gloria verhaltensauffällig sei oder nicht. Zudem ging es in der Verhandlung auch darum, ob ein Ausnahmefall vorliegt, um eine Genehmigung für die Entnahme der Wölfin zu erteilen. Für Dr. Kaiser, Leiter des Wolfsmonitoring im LANUV, liege keine Verhaltensauffälligkeit vor. „Gloria ist nicht verhaltensauffällig. Sie reißt Nutztiere, weil sie sie als Beute ansieht und hungrig ist. Verhaltensauffällig wäre sie erst dann, wenn sie ihre Scheu vor Menschen ablegen würde.“

Stefan Steinkühler sah die Bedingung für eine Ausnahmeregelungen jedoch gegeben. „Bei vielen Tierrissen in der Region gibt es einen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang. Daran erkennt man, dass es sich hierbei durchaus um auffälliges Verhalten handelt.“ Um die Tötung des Wolfes ging es Steinkühler vordergründig aber nicht. Reintheoretisch könne man den Wolf ja auch umsiedeln, schlug der Anwalt während der Verhandlung vor. Die Möglichkeit einer Umsiedlung verwarf Dr. Kaiser vom LANUV. Dies sei nicht realistisch und würde Verhaltensauffälligkeiten bei Wölfen nicht mindern, sondern eher steigern. „Einen Wolf in freier Natur einzufangen ist sehr schwer, bis fast unmöglich. Außerdem würden die anderen Wölfe aus dem Gebiet Schermbeck ja bleiben.“

In Deutschland zählen Wölfe zu den streng zu schützenden Tierarten. Prinzipiell ist eine Tötung verboten. Nur in Ausnahmefällen lassen das nationale und europäische Artenschutzrecht eine Tötung der vom Aussterben bedrohten Tiere zu. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied nun, dass keine Ausnahme bei Wölfin Gloria vorliegt. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von dem Verbot setze voraus, dass dem Schäfer durch den Wolf ein ernster wirtschaftlicher Schaden drohe und es keine zumutbare Alternativen zur Entnahme des Tieres gebe, erklärte das Gericht. Dies sei in diesem Fall nicht gegeben. Zudem könne ein hundertprozentiger Herdenschutz in einem Wolfsgebiet nie gewährleistet werden. Zumal es auch immer wieder längere Zeiträume zwischen Wolfsangriffen im Kreis Wesel gebe. Ebenso wenig habe sich Gloria auf das Jagen von Schafen spezialisiert, hieß es in der Urteilsbegründung.

Schäfer enttäuscht über Urteil

Mit dem Urteilsspruch war Kurt Opriel deutlich unzufrieden. „Ich bin natürlich schwer enttäuscht. Das Urteil muss ich erstmal sacken lassen“, sagte der Kläger kurz nach dem Ende der Verhandlung. „Insgesamt habe ich mir auch erhofft, Klarheit für die Richtlinien im Herdenschutz zu bekommen.“ Auch sein Anwalt Stefan Steinkühler zeigte sich unmittelbar nach dem Ende der Verhandlung enttäuscht: „Wenn man innerhalb von vier Wochen den empfohlenen Herdenschutz überwindet, kann man davon sprechen, dass man auffällig ist. Das ist ja passiert. Dem Gericht ging es aber darum, dass eine Schadensprognose fehlt. Wir wollten heute Klarheiten bekommen. Was sind die Definitionen, was muss eingehalten werden, damit wir wissen: Ein Wolf ist verhaltensauffällig. Da sind wir kein Stück weiter.“

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Innerhalb eines Monats ab Zustellung des Urteils können Rechtsmittel eingelegt werden, erklärte eine Sprecherin des Verwaltungsgerichtes in Düsseldorf.