Bottrop. Normalerweise würde jetzt die neue Kollektion geliefert. Mit Rabatten über 50 Prozent lässt sich nichts verdienen. Dritter Lockdown wäre tödlich.
Noch gibt es sie, die kleineren Modeläden in der Innenstadt oder sogar vereinzelt noch in den Vororten. Und das hoffentlich lange noch. Das Geschäft für Hemden, Blusen, Pullis aber auch Nachtwäsche oder Underwear, wie es neudeutsch heißt, von Wilma de Kok im Fuhlenbrock, M & M Fashion an der Rippelbeckstraße auf dem Eigen, in der City den Fashion Partner auf der Gladbecker Straße oder Moden Pier und Herrenausstatter Köster an der Poststraße. Aber auch sie, die immer noch für etwas Vielfalt in der Stadt stehen, haben derzeit ähnliche Probleme, wie die Großen im Modegeschäft: den Lockdown seit Mitte Dezember, die Ungewissheit, wann sie wieder öffnen dürfen und vor allem die Frage, wohin mit der Wintermode und der neuen Frühjahrs- und Sommerkollektion. Deren erste Vorboten sind normalerweise ab Ende Februar in den Schaufenstern, vorher schon in den Lagern der Einzelhändler.
Formelle Herrenkleidung in Lockdown-Zeiten kaum gefragt
„Es ist noch alles voll“, sagt Hans-Dieter Köster vom gleichnamigen Herrenausstatter in der Innenstadt. Weit mehr als die Hälfte der Wintersachen konnte er in diesem Jahr bislang nicht verkaufen. Erst kam Corona mit den noch immer andauernden Folgen. Und jetzt noch Schnee und Eis. „Am Montag habe ich nicht ein Teil verkauft, heute immerhin schon mal drei Winterjacken, eine echte Ausnahme momentan“, sagt Köster, der seit Jahrzehnten in Bottrop „im Geschäft“ ist. Mit Winterware könnte er sprichwörtlich „auf den Markt“ gehen. Manches, wie formellere Kleidung, also Anzüge oder Sakkos lief kaum im Corona-Jahr. „Im Homeoffice braucht man eben weniger davon.“ Zum Glück ließ sich manches bei den Lieferanten in Freizeitkleidung wie Outdoor-Jacken, Pullis oder Sweatshirts umtauschen. „Aber jetzt, ab dem 15. Februar, stehen normalerweise die größeren Lieferungen für die Frühjahrs- und Sommerkollektion an“, so Köster. So baut sich der Druck vom Endverkäufer weiter nach hinten auf. Zum Glück ließen die meisten Lieferanten mit sich reden, akzeptierten auch Zahlungen in kleineren Stückelungen, denn: „Was nicht verkauft wurde, kann man ja auch nicht zahlen.“ Und neue Ware wird nun im kleineren Umfang bestellt.
Über 50 Prozent Rabatt - Verkauf an der Ladentür
„Wenn wir wieder öffnen dürfen, wird natürlich etwas Neues da sein“, so der Inhaber. Seit Anfang Februar gibt er Rabatte von 50 Prozent auf die Winterware. „Click und Collect“ heißt die Aktion, für die jeder Artikel mit einer Nummer und den vorhandnen Größen im Schaufenster gezeigt wird. Kunden können dann anrufen, bestellen und an der Ladentür wird dann verkauft. Wenn das Lager dennoch voll bleiben sollte, wird es schwierig. Und: „Verdienen kann man mit den Aktionen kaum, wir müssen halt nur Platz schaffen.“ So ähnlich läuft es auch bei Cornelia Amlang vom Damenmodengeschäft Pier nebenan. Dort sind die stärksten Tage Mittwoch und Samstag, wenn Markt in der Innenstadt ist. Einen Lieferservice für Stammkundinnen hat Cornelia Amlang mit Unterstützung ihres Mannes schon länger eingerichtet. Einen dritten Lockdown würden die Modeläden an der Poststraße aber sicher auch anderswo nicht verkraften. Da ist sich Hans-Dieter Köster sicher.
„Es ist heftig zurzeit“, gibt Wilma de Kok im Fuhlenbrock unumwunden zu. Dabei ist das kleine Geschäft „Textil de Kock“ ein echtes Unikat im Stadtteil. Und das immerhin seit fast 100 Jahren. Zum Glück gibt es dort auch viele saisonunabhängige Artikel. „Nachtwäsche oder Unterbekleidung unterliegen ja nicht so sehr den Jahres- und Modezeiten und wenigstens das lief gut“, sagt die Inhaberin. Aber dennoch: Mehr als 50 Prozent der Oberbekleidung liegt oder hängt noch im Lager.
Unikat im Fuhlenbrock möchte auf jeden Fall noch das 100-Jährige feiern
„Mit dem zweiten Lockdown hatte ich gar nicht gerechnet, ein Fehler, wie sich zeigte“, so Wilma de Kok. Dabei hätten nach dem ersten Lockdown die Leute noch eifrig gekauft. Das habe jetzt etwas nachgelassen. Natürlich freut sie sich über jeden Verkauf per Telefon, allein schon wegen des Kundenkontakts. Aber mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein sei das natürlich nicht. Sommerartikel hat sie noch nicht am Lager. Aber das könne schnell gehen, die Lieferanten stehen ja alle in den Startlöchern, so die Geschäftsfrau. Und den 100. Geburtstag des Traditionsgeschäfts in sechs Jahren möchte sie noch gerne feiern.
Verbraucherstimmung geht zurück
Aufhellen könnte sich die Verbraucherstimmung mit einem Anstieg der Zahl der Geimpften, rückläufigen Infektionszahlen und damit verbundenen Lockerungen.