Der Bottroper Malakoffturm ist das Zuhause der Knappen. Am Donnerstag laden sie aber nicht dorthin, sondern zur virtuellen Mettenschicht ein.

Das Steigerlied ist diesmal Anfang und Ende der Mettenschicht. Zu Beginn ist es im hellen Klang einer Spieluhr zu hören, zum Schluss singen es die Ex-Bergleute teils mit kräftigem Bass. Etwas Besonderes war die Mettenschicht der Ehrengarde von Prosper-Haniel eigentlich immer schon, doch im Jahr der Corona-Krise ist sie es um so mehr: Anstatt ihre Mettenschicht wie sonst an jedem letzten Donnerstag vor Heiligabend gemeinsam mit Gästen auf der Zeche Prosper II im denkmalgeschützten Malakoffturm zu feiern, gibt es sie wegen des dringend angeraten Verzichtes auf Kontakte virtuell. Jedes Mitglied, jeder Freund der Ehrengarde bekommt eine Fassung der Mettenschicht als Film auf einer DVD zum Geschenk.

„Die Mettenschicht wurde unter Tage immer am letzten Arbeitstag unter Tage gefeiert“, erklärt Rainer Schwegmann. Es war die letzte Schicht vor der Christmette, daher komme ihr Name und sie sei eine uralte Tradition, die im Erzgebirge sogar bis ins 12. Jahrhundert zurück gehe. Danach trafen sich die Bergleute während ihrer letzten Schicht vor Weihnachten im festlich geschmückten Zechenhaus zu einem einfachen Essen, sangen Bergmannslieder, tranken Schnaps und rauchten Zigarren. „Die Mettenschicht im Bergbau war also ein bezahlter Feiertag“, betont der Vorsitzende der Prosper-Ehrengarde.

Die letzte Schicht unter Tage vor Weihnachten

Die Prosper-Knappen lassen diese alte Tradition weiterleben. Zehn solcher Mettenschichten hat die Ehrengarde bisher im Malakoffturm an der Knappenstraße gefeiert, das virtuelle Fest in diesem Jahr ist die elfte. Dabei hatte es echte Mettenschichten auf dem Bottroper Bergwerk Prosper so richtig nicht gegeben, erzählen die Mitglieder der Knappengarde, zumindest offiziell nicht. Aber das wolle nicht viel heißen. „Ich kann mich jedenfalls gut erinnern, dass wir früher unsere letzte Schicht vor Weihnachten schon etwas ruhiger angegangen sind und gemeinsam auch etwas gegessen haben“, sagt Helmut Pawlik. „Der eine brachte Kartoffelsalat mit, der andere Würstchen und wieder einer Brötchen“, erinnert sich der frühere Steiger.

Um die 30 Mitglieder gehören der Ehrengarde von Prosper-Haniel heute an. Die Gründung der Knappengarde habe der frühere Bergwerksdirektor Hanns Ketteler auf die ihm eigene Art veranlasst, berichten die alten Knappen. „Ich brauche eine Ehrengarde“, habe Hanns Ketteler gesagt und sich damals dann unter den Kumpeln umgeschaut und bis zwanzig abgezählt“, erzählt Helmut Pawlik. Gibt es außer Jäger- auch Bergmann-Latein? Aus der Chronik der Garde geht jedenfalls hervor, dass viele Untertage-Angestellte sich aus Anlass des Papstbesuches 1987 die schwarzen Bergmannskittel schneidern ließen. Auch bei der späteren Audienz in Rom waren diese neue Knappen dabei. Aus ihren Kreis bildete sich schließlich die damals 26-köpfige Ehrengarde der Gesellschaft Prosper-Haniel heraus, blickte Autor Hans-Jürgen Vennemann in die Gründerzeit der Garde zurück.

Knappen kümmern sich um Weinberg am Schacht in Hünxe

Gut 15 Jahre lang betreute die Ehrengarde den Malakoffturm und begleitet Führungen. Im Turm ist ein kleines Museum eingerichtet. Jeden Donnerstag von 14 Uhr bis 17 Uhr sind die Knappen dort anzutreffen. Sie begleiten regelmäßig in ihren Bergmannskitteln die Karfreitagsprozessionen auf der Halde Haniel und nehmen auch an den Patronatsfesten der Kirchen quer durchs Revier teil. Seit gut zehn Jahren kümmern sich die Bottroper Knappen außerdem um den Weinberg am Wetterschacht Hünxe. Ihre Bergmannskittel sind nicht immer Pflicht, bei ihren Ausflügen etwa tragen die Knappen oft auch Kult-Shirts mit Schriftzügen wie „Auf Kohle geboren“ oder „Ex Bergmann“.

Oberbürgermeister Bernd Tischler dankt der Ehrengarde zur diesjährigen Mettenschicht daher auch ausdrücklich für die Traditionspflege, als ihn die beiden Knappen Ralf Kusmierz und Helmut Pawlik zur Aufnahme seiner Grußbotschaft zur diesjährigen Mettenschicht besuchten. Die Ehrengarde nehme durchaus neue Mitglieder auf, lässt Ralf Kusmierz wissen und es müssten heute keineswegs mehr ausschließlich Steiger und Kumpel sein.

>>> Als Verein neu gegründet

Die Ehrengarde Prosper-Haniel lebt auch nach dem Ende des Steinkohlenbergbaus weiter. Mit der Schließung des Bergwerks im Dezember 2018 hatte sich auch die Gesellschaft Prosper-Haniel aufgelöst. Ihre Mitglieder waren im März 2019 bei einem letzten Fest im Overbeckshof verabschiedet worden.Insgesamt 30 frühere Bergleute gründeten daraufhin jedoch einen neuen Verein: Ehrengarde Prosper-Haniel-Bottrop e.V. Auch sein Zweck ist die Pflege bergmännischen Brauchtums.