Bottrop. Als Bottrops „Reverend“ konnte Frank Burchert den Hoppeditz diesmal nur übers Netz wecken. Ausgerechnet in seinem 30. Bühnenjahr.

In Bottrop stehen viele Pfarrerinnen und Pfarrer in Amt und Würden. Im Bottroper Karneval gibt es aber nur einen „Reverend“. Frank Burchert ist der Mann beim jährlichen Hoppeditz-Erwachen. In diesem Jahr feiert er sein 30-jähriges Jubiläum. Die Karnevalsbühne ist seine Kanzel. Dann ist Burchert in seinem Element. Dort trägt er seine geschliffenen Verse und Reime vor und trifft damit den richtigen Ton zur fünften Jahreszeit. Mit seiner Rede stimmt er das Narrenvolk auf die neue Session ein.

Der 65-Jährige gehört zu jenen Menschen, die man gemeinhin als Ur-Gestein des Bottroper Karnevals bezeichnet. Die Kleine Karnevalsgesellschaft (KKG) ist seine Heimat. Man wollte ihm für seine Verdienste als Reverend feierlich eine Urkunde überreichen. Doch die Pandemie ist keine Freundin des Karnevals. Die Verleihung fiel ins Wasser, Burchert erhielt lediglich eine Mini-Version der großen Original-Urkunde. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. „Die Original-Urkunde wird er, hoffentlich bald, wenn es die Pandemie zulässt, in dem für ihn angemessenen Rahmen bekommen“, verspricht KKG-Präsident Ralf Jörgens.

Von den Bienen über den Prinzen zum Reverend

Für den Jubilar fing der Karneval in den 80er-Jahren bei der KKG an. Zunächst als Mitglied der Formation „Flotte Bienen“, dann führte er in der Session 2008 als Prinz Frank I. gemeinsam mit Prinzessin Christa (Pawlenka) das Narrenvolk an. Seine Paraderolle ist und bleibt der Reverend. Eine rot-schwarze Kladde ist dabei sein Bühnen-Utensil.

Ein Bild aus den Anfängen als „Reverend“, Frank Burchert damals noch in einem anderen Bühnen-Outfit. (Repro)
Ein Bild aus den Anfängen als „Reverend“, Frank Burchert damals noch in einem anderen Bühnen-Outfit. (Repro) © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Vor drei Jahrzehnten hatte ihm der legendäre KKG-Präsident Günter Triebe als Vorgänger im Amt gesagt: „Frank, ich brauche einen Nachfolger.“ Burchert zögerte keine Sekunde und bekam von Triebe die rot-schwarze Kladde mit dessen Reden überreicht, die er leserlich mit Handschrift verfasst hatte. Die Kanten des Buches sind abgenutzt, die Farben ein wenig verblichen. Egal. „Diese Kladde ist mir heilig“, sagt der Reverend.

Nie hätte er gedacht, das Amt 30 Jahre lang auszuüben. „Karnevalist ist man ganz oder gar nicht“, meint Burchert. Im Laufe der Jahre hat sich sein Bühnen-Outfit gewandelt. Anfangs stand er mit Schlapphut, weißem Hemd, schwarzem Anzug und schwarzer Krawatte vor den Leuten. Heute trägt er eine elegante, englische Melone auf dem Kopf. Im Kontrast zum schwarzen Anzug steht die orangefarbene Fliege. Dazu hängt ein Orden des Festkomitees Bottroper Karneval um seinen Hals. Die Füße stecken in Lackschuhen. Ein Kleidungsstück bleibt eher verborgen: Während seiner Zeit als Stadtprinz hatte er sich spezielle Socken mit Krönchen anfertigen lassen, die er auch als Reverend trägt.

Ein Hüter der Tradition mit Sinn fürs Neue

„Er ist der Hüter der Tradition“, adelt ihn sein Präsident Ralf Jörgens. Burchert sei aber kein verbohrter Traditionalist, sondern offen für Neues, aber zugleich auch jemand, der Werte bewahren möchte. „Als Präsident der KKG bin ich froh, einen wie Frank zu haben.“ Burchert meint dazu: „Wenn man etwas Neues macht, sollte man das Alte nicht vergessen.“

Frank Burchert hat inzwischen das Rentenalter erreicht. Doch ans Aufhören verschwendet der Reverend keinen Gedanken. Dafür macht ihm dieses Amt viel zu viel Freude. „Ich fühle mich nicht wie 65“, sagt er. „Ich werde immer älter, aber erwachsen werde ich nie.“