Bottrop-Kirchhellen. Durch die Corona-Krise läuft auch die Zeit nach dem Abi für viele anders als geplant. Zwei junge Bottroperinnen erzählen, wie es ihnen jetzt geht
Das Abitur im Corona-Jahr war sowieso schon ein spezielles: mit Schulen im Lockdown, Zeugnisübergaben ohne Eltern, abgesagtem Abiball. Aber auch im Anschluss mussten und müssen viele Abiturienten ihr Pläne aufgrund der Pandemie ändern – oder ganz anders umsetzen, als lange gedacht. Die Freundinnen Carmen Alfes (18) und Mareike Vienken (19) erzählen, wie es ihnen im vergangenen halben Jahr ergangen ist.
Abi-Feier am Vestischen Gymnasium Kirchhellen war sehr persönlich
Die Abi-Zeit selbst war geprägt von einem steten Gefühl der Unsicherheit, erinnert sich Carmen noch einmal zurück. „Schreiben wir das Abi oder nicht; gibt es eine Abifeier oder nicht...“ Froh übers bestandene Abitur, sei die Feier am Vestischen Gymnasium dann trotz aller Einschränkungen schön gewesen, schildert Mareike: „Es war persönlicher.“
Natürlich mussten auch noch andere Pläne geändert werden: „Eigentlich hatte man sich vorgestellt: Nach dem Abi geht’s mit den Mädels nach Malle und man genießt die freie Zeit“, sagt Carmen. Entsprechendes hatten sie auch schon gebucht. Daraus wurde nichts, dennoch sehen die Freundinnen trotz erster Enttäuschung letztlich keinen Grund zum Jammern.
Freie Zeit nach dem Abi verlief anders als vorgestellt – „aber auch schön“
„Wir saßen ja alle in einem Boot und hatten das gleiche Problem.“ So hätten sie sich eben in der Familien oder in kleinen Gruppen getroffen, Gesellschaftsspiele gemacht, vielleicht mal einen Spaziergang – statt Festivals oder das Brezelfest zu besuchen . „Anders als vorgestellt, aber auch schön“, sind sich die Freundinnen einig.
Klar kennen sie auch Abiturienten, deren Träume erstmal geplatzt sind. Jemand habe ins Ausland gehen und ein Jahr reisen wollen - „das wurde aufs Eis gelegt“, weiß Carmen. „Viele haben sich dann doch für ein Studium oder ein Freiwilliges Soziales Jahr entschieden, weil sie nicht reisen können“, so Mareike. Aber beide kennen keinen Fall, bei dem kurzfristig die Ausbildung abgesagt worden wäre.
Ausbildung im Homeoffice funktioniert – aber das Quätschchen fehlt
Auch für Carmen zum Beispiel stand schon lange fest: Sie macht eine Ausbildung zur Industriekauffrau, plus Abendstudium an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management. Am letzten Freitag im Juli trafen sich die vier kaufmännischen Azubis noch im Unternehmen. „Dann hieß es: Wir bekommen ein Laptop und technische Ausrüstung - und ab Montag sind wir im Homeoffice. Das war für uns erst einmal ein Schock.“ Ausbildung online: das würde per Skype-Telefonie und dank der Bemühungen der Kollegen zwar durchaus funktionieren. Aber dennoch fehlt ja so vieles. Das persönliche Kennenlernen der Kollegen, von denen man teils nicht einmal die Gesichter kennt, das Mitlaufen und über die Schulter gucken, das Quätschchen in der Büroküche. Und vermutlich werde viel vom Homeoffice-Arbeiten die Krise überdauern. „Das klassische Büroleben werden wir Azubis wahrscheinlich gar nicht mehr da kennen lernen“, so Carmen.
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Untereinander hätten sich die Azubis immerhin mal privat getroffen. Auch an ihrem Berufsschultag sieht Carmen in der Regel andere Lehrlinge vor Ort. Aber die Uni läuft ebenfalls komplett über Videounterricht.
Angst vor den vielen Folgen der Corona-Pandemie
Mareike macht gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr an einer Förderschule, im Vorgriff auf ein Sonderpädagogik-Studium. Auch das FSJ läuft coronabedingt anders als gedacht, vieles (wie Sonderaktionen zu St. Martin, Schulschwimmen, Austauschtreffen der FSJler) kann nicht stattfinden. Bei aller Tatkraft und Zuversicht blickt sie auch mit einer gewissen Sorge in die Zukunft: „Für mich hat es sich gewandelt von Corona ist eine Krankheit zu Corona hat 1000 Folgen.“ Eben nicht nur gesundheitliche. „Davor habe ich Angst.“
Nächster Abijahrgang besonders betroffen
Carmen Alfes und Mareike Vienken glauben, dass die kommenden Abiturienten noch mehr unter der Corona-Pandemie zu leiden haben als sie selbst: „Die Stufe, die jetzt nach uns kommt, ist deutlich schlechter dran als wir. Ihr fehlt Stoff“, meint Carmen. Und die Unsicherheit begleite sie viel länger.
„Sie können auch nichts für ihren Abschluss vorbereiten“, ergänzt Mareike, zum Beispiel Waffeln für die Abi-Kasse verkaufen.