Kirchhellen. Dass einem die Besucher die Bude einrennen, ist der Traum eines Gastronomen. An der Grafenmühle wird das aber gerade sehr grenzwertig.

Novembersonne, zweistellige Temperaturen, die Bäume erstrahlen in allen Herbstfarben: Das Ausflugsziel Grafenmühle ist heiß begehrt in diesen Tagen, wo man außer ins Grüne kaum noch irgendwohin kann und soll. Zum Stopp am Rotbach gehören Kaffee und Currywurst. Die bietet „Bikertreff“-Betreiberin Eva-Maira Schulte-Kellinghaus auch sehr gerne an. Wenn dabei nur die Coronaregeln eingehalten würden. Deshalb richtet sie einen Hilferuf an die Ausflügler - und an das Bottroper Ordnungsamt.

Seit mehr als 50 Jahren ist das Büdchen an der Grafenmühle ein beliebter Bestandteil der Ausflugsgastronomie an der Grafenmühle. 1968 hat Udo Ruthmann den „Bikertreff“ eröffnet, jetzt führt Tochter Eva-Maria Schulte-Kellinghaus das Geschäft. Dass es voll ist an der Grafenmühle, gehört für sie zum Ausflugs-Feeling: Man sieht sich, man trifft sich, Motorradfahrer setzen vor dem Bikertreff ihre Maschinen in Szene. „Das gehört dazu, das ist ja auch gut fürs Geschäft. Aber gerade jetzt macht es mir Angst“, sagt Eva-Maria Schulte-Kellinghaus.

Der einzige offene Laden

Denn sie ist derzeit die einzige Gastronomin, die ihren Laden noch offen gehalten hat. Entsprechend groß ist der Andrang. „Im Laden selbst halten wir selbstverständlich die Vorschriften ein“, sagt sie und weist auf ihre Desinfektionsstation, passend zum Umfeld auf einem Benzinfass aufgebaut. „Aber wie sollen wir steuern, was um uns herum passiert?“

50 Meter Abstand müssen die Kunden eigentlich halten zum „Biker-Treff“, bevor sie die zum Mitnehmen gekaufte Wurst oder den Kaffee verzehren. Aber genau das passiert nicht, und Abstand untereinander hält hier auch kaum jemand, hat sie beobachtet. „Am Samstag standen die Menschen hier in dicken Klumpen.“ Der Andrang rund um ihre Bude war so groß, dass sie am Samstagabend entschieden hat: „Das wird mir zu heiß. Sonntag habe ich gar nicht erst aufgemacht.“

Hier dürfen nur noch Radler durch: städtische Absperrung an der Grafenmühle.
Hier dürfen nur noch Radler durch: städtische Absperrung an der Grafenmühle. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Maskenpflicht und Absperrung

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Auch der städtische Ordnungsdienst und die Polizei haben mitbekommen, dass an der Grafenmühle Einiges aus dem Ruder läuft. Seit Montag gilt dort Maskenpflicht, weil viele Besucher nach Feststellung der Stadt sich nicht an die Abstandsregeln halten. Seit Dienstag sind die Zufahrten zur Grafenmühle wie schon beim ersten Lockdown abgesperrt.

Das wird nicht reichen, befürchtet die Gastronomin. „Letztes Wochenende sind Polizei und Ordnungsamt an vielen Gruppen einfach vorbeigefahren, ohne etwas zu unternehmen“, hat sie beobachtet. Und eine Absperrung, die nicht kontrolliert wird, wird von Motorradfahrern gerne als persönliche Herausforderung betrachtet und elegant umkurvt.

Dringende Bitte an Besucher und Behörden

Die Befürchtung der Gastronomin: Wenn der Ausflugsverkehr nicht stärker kontrolliert wird, werden die Ausflügler weiter dicht an dicht stehen. „Das wird kommendes Wochenende auch so sein.“ Im schlimmsten Fall, so ihre Sorge, wird die Stadt wieder so reagieren wie im Frühjahr und die gesamte Gastronomie an der Grafenmühle schließen. Deshalb die dringende Bitte der Betreiberin an die Kunden: Haltet Abstand. Und an die Ordnungsbehörden: Kontrolliert den Abstand. „Es wäre sehr schön, wenn wir den Laden auflassen könnten“, sagt Eva-Maria Schulte-Kellinghaus. „Natürlich geht es auch ums Geld. Aber das hier ist auch eine Herzensangelegenheit.“

Appell des Bezirksbürgermeisters

In ihrer Not hat sich Eva-Maria Schulte-Kellinghaus an Bezirksbürgermeister Ludger Schnieder gewandt. Der appelliert an die Ausflügler: „Das Fehlverhalten einiger Besucher schadet allen Bürgern, die sich am Bikertreff mit Speisen für daheim versorgen wollen. Gleichzeitig bedroht der Verstoß gegen die Corona-Regeln die Existenz des Unternehmens.“

Schnieder will bei Krisenstabschef Paul Ketzer um besondere Aufmerksamkeit für die Lage an der Grafenmühle werben.