Bottrop . Das ist weit mehr als nur ein Bilderbuch. Friedhelm Wessel erzählt in seinem neuen Werk von Sportprominenz, Filmemachern und Reviertypen.
Der Journalist, Fotograf und Ruhrgebietschronist Friedhelm Wessel hat wieder mal tief in sein Bildarchiv gegriffen. „Alt-Bottrop in historischen Fotografien“ heißt sein neuer Bildband. Zuvor hat Wessel schon alte Bilder aus Kirchhellen und Gelsenkirchen in Buchform gebracht. Als nächstes ist seine Heimat Oberhausen-Osterfeld an der Reihe.
Mit seinem Titel stapelt Friedhelm Wessel tief. In seinem Buch hat er nicht nur 160 zumeist unveröffentlichte Fotos aus den 1950er bis 1990er Jahren gesammelt. Er erzählt auch Geschichten und porträtiert Typen. Etwa den Fußballer Alfred Kubitza, der fast 60 Jahre lang für den VfB Bottrop gekickt hat und mit einigem Stolz für sich in Anspruch nimmt, die „Bananenflanke“ erfunden zu haben: „Ich servierte einst Paul Baron, den wir alle ,Goldköpfchen’ nannten, als Verteidiger so manche Torvorlage.“
Filme vor Bottroper Kulisse
Außerdem liefert Wessel eine Übersicht über die Filme, die Bottrop als Kulisse nutzten. Klar „Theo gegen den Rest der Welt“ (1980) mit dem jungen Marius Müller-Westernhagen ist auch dabei,. Aber wer weiß schon, dass 1971 am Donnerberg Teile des Films „Zoff“ gedreht wurden? In den Hauptrollen damals: Jürgen Prochnow („Das Boot“), Klaus Theo Gärtner („Matula“) und Komiker Diether Krebs.
Wessel berichtet, dass es das „Bottroper Bier“, das Jürgen von Manger alias Adolf Tegtmeier 1977 besang, zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr gab, weil sich die Bottroper Westfalia-Brauerei schon 1967 einem Duisburger Unternehmen angeschlossen hatte. Dazu passt: Das Zechengelände und die Gaststätte „Zum Treppchen“, die im Video zum Song zu sehen ist, lagen in Dortmund. Nur die Innenaufnahmen entstanden im „Heintze“ an der Knappenstraße.
Dokumentation des Bergbau-Niedergangs
Im Vorwort hätte sich Friedhelm Wessel gar nicht als Bottrop-Fan bekennen müssen: Seine Zuneigung zur letzten Steinkohle-Bergbaustadt ist spürbar in der Bildauswahl. Natürlich kommt der Bergbau auch im Buch vor. Wessel dokumentiert die letzten Gebäude von Prosper I, sowie deren Abriss ab März 1971. Er begleitet auch die letzten Jahre von Prosper III, den letzten Förderwagen mit Kohle aus dem Flöz Dickebank und den Abriss ab 1979.
Unter der Überschrift „Typen“ zeichnet Wessel Revierbiografien nach wie die des gebürtigen Bottroper Addie Henkel, der im Alter von 13 Jahren seine große Liebe NSU entdeckte. Spätfolge: 1996 gründete Henkel im Schatten der Villa Dickmann sein „Kleines Motorradmuseum“, dessen Bestand er 2015 mit der Gründung einer Stiftung sicherte. Seit seinem Tod 2019 wird das Museum so von seiner Familie und seinen Freunden fortgeführt. Er lässt aber auch Erich Schüttauf, bis 1999 Lehrer an der Overbergschule, von seiner Odyssee als Kriegswaise aus Königsberg über ein russisches Waisenheim über die Stationen Halle, Harz und Hamburg bis ins Bottroper St.-Vincenz-Waisenhaus an der Martinskirche. Später übernahm Schüttauf zeitweise die Leitung des Kirchhellener Zupforchesters und organisiert bis heute die jährlichen Pflanzaktionen der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald für Grundschüler.
Friedhelm Wessel: Alt-Bottrop in historischen Fotografien. Sutton Verlag, 2020, 19,99 €.