Bottrop. Eine lautstarke Protestfraktion hat in der Fußgängerzone Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu übertönen versucht. Zuweilen erfolgreich.
Diese Veranstaltung hat so gar nicht funktioniert. Das musste die CDU-Kreisvorsitzende Anette Bunse nach dem von lautstarkem Protest untermalten Besuch von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf der Gambrinus-Bühne an der Gladbecker Straße zugeben. Die CDU hatte Spahn eingeladen zu einem Lagebericht zur Corona-Pandemie und zum Beantworten von Bürgerfragen. Anette Bunse: „Alle sollten die Chance haben, zu Wort zu kommen. Das hat gar nicht funktioniert.“
Eine lautstarke Minderheit war weder an Spahns Argumenten noch an seinen Antworten interessiert. Mit Trillerpfeifen und Sprechchören („Lügner!“ „Hau ab!“ versuchten sie den Minister zu übertönen. Einige Gesichter waren dem Minister bekannt, „weil ich sie schon zum zehnten Mal in den letzten Wochen sehe“.
„Austausch ist nicht möglich, wenn man sich anschreit“
Schon die Begrüßung des Ministers musste die CDU-Chefin trotz ihrer Bitten um Ruhe abbrechen.. Und auch Spahns Appelle an die „aggressive Minderheit“ verhallten weitgehend ungehört: „Austausch ist nicht möglich, wenn man sich anschreit.“ Oder: „Was muss eigentlich passiert sein in diesem Land, dass wir uns nicht mehr zuhören?“
Dabei hatte der Minister durchaus nachdenkliche Nachrichten dabei. So hätte der Lockdown Mitte März in seinem Rückblick nicht so hart ausfallen müssen. „Mit dem Wissen von heute brauchten wir keine Friseure zu schließen und Besuche in Altenheimen zu verbieten.“ Er berichtete von unterschiedlichen Reaktionen auf das Ende der Maskenpflicht im Unterricht der weiterführenden Schulen. „Die Maskenpflicht war eine Vorsichtsmaßnahme nach der Rückkehr der Urlauber. Jetzt, wo die Zahlen in NRW runtergehen beenden wir sie. Aber ich habe mit einer Oberstufe gesprochen, in der die Schüler freiwillig weiter Masken tragen.“
„Zwei Fragen noch, dann ist die Stimme weg“
Eine Leukämiepatientin, ein Schüler, der von unterschiedlichen Quarantäneregeln in Bottrop und Essen berichtete - einige Fragen klangen spannend. Doch bald brach der Minister die Fragerunde ab: „Zwei Fragen noch, dann ist die Stimme weg.“ Spahn verabschiedete sich mit einem Appell zur Teilnahme an der Kommunalwahl: „Unterstützen Sie gern die CDU. Aber unterstützen sie nicht diejenigen, die nur schreien wollen.“
Noch lange nachdem die schwarze Ministerlimousine mit Polizeieskorte Richtung Autobahn verschwunden war, standen Kommunalpolitiker und Menschen, die eigentlich zum Zuhören gekommen waren, rat- und fassungslos in kleinen Gruppen zusammen. Die CDU-Chefin fragt: „Wie soll das erst werden im Bundestagswahlkampf?“