Bottrop. Nach positivem Corona-Test beginnt im Gesundheitsamt die Detektivarbeit. Mit wem hatte der Patient Kontakt? Die wichtige Arbeit im Hintergrund.

Zuletzt sind die Corona-Zahlen in Bottrop gestiegen – wenn auch übers Wochenende keine neuen Fälle bekannt wurden. Am Montag meldete die Stadt 34 aktive Corona-Fälle, zuvor waren es 39. Die Zahl der Neuerkrankungen der letzten sieben Tage sankt auf 17,9. Trotzdem, für Henning Häußler und Philipp Bosomprah sowie ihre Kollegen bedeuten die neuerlichen Corona-Fälle viel Arbeit. Im Gesundheitsamt gehören sie zu dem Team, das für die Nachverfolgung der Kontakte verantwortlich ist.

Henning Häußler ist beim Gesundheitsamt in Bottrop als Sozialarbeiter eigentlich in der Suchtberatung tätig. In Zeiten der Pandemie ist er Teamleiter der Kontaktverfolgung.
Henning Häußler ist beim Gesundheitsamt in Bottrop als Sozialarbeiter eigentlich in der Suchtberatung tätig. In Zeiten der Pandemie ist er Teamleiter der Kontaktverfolgung. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Sprich: Erkrankt ein Bottroper an Corona, so landet die Meldung vom Labor oder auch von der Arztpraxis automatisch beim Gesundheitsamt. Und da beginnt das Team nun mit der Detektivarbeit. Die Mitarbeiter müssen herausfinden, mit wem der Patient Kontakt hatte. Dabei geht es um bis zu zwei Tage vor dem Ausbruch der ersten Symptome. Und bis dann so ein Test gemacht und ausgewertet wurde, vergeht naturgemäß auch ein wenig Zeit. Es können also locker sechs Tage sein, in denen das Team der Kontaktverfolgung dann nachspüren muss. Noch schwieriger wird es, wenn ein positiver Corona-Test vorliegt, der Patient aber keine Symptome zeigt. Dann müssten sie noch weiter zurückgehen.

Bottroper Gesundheitsamt bittet um Unterstützung bei Kontaktermittlung

Und durch die Lockerungen der vergangenen Wochen sei es eben noch einmal komplizierter geworden, ergänzt Stadtsprecher Andreas Pläsken. Zu Zeiten des Lockdowns haben man vielleicht zehn Kontakte gehabt, nun kämen teilweise aber auch 100 bis 200 zusammen. „Bei der Verfolgung halten wir uns an die Vorgaben das Robert-Koch-Instituts“, erklärt der Leiter des Gesundheitsamtes Dr. Christian Marga.

Er appelliert eindringlich an alle, das Gesundheitsamt in solchen Fällen zu unterstützen. „Wir sind die Guten. Wir sind nicht die Gesundheitspolizei, uns geht es lediglich darum, Infektionsketten nachzuvollziehen. Wir unterliegen da auch der ärztlichen Schweigepflicht.“

Bottroper Gesundheitsamt muss teilweise Detektivarbeit leisten

Wer also positiv getestet wird, der erhält vom Gesundheitsamt einen Fragebogen und soll dort seine Kontakte auflisten – beruflich wie privat. „Wir gehen dann hin, nehmen wiederum mit denjenigen Kontakt auf und kategorisieren sie entsprechend“, sagt Häußler. Denn klar ist auch: Nicht jeder, der einem Corona-Patienten begegnet, ist sofort gefährdet. Es gilt beispielsweise Dauer und Intensität des Kontaktes abzuklären.

Für Gesundheitsdezernent Jochen Brunnhofer und seine Mitarbeiter bei der Stadt Bottrop kommen die neuen Fälle nicht überraschend. Angesichts der Lockerungen und der Reisen sei man auf so eine Entwicklung vorbereitet gewesen, sagt er.
Für Gesundheitsdezernent Jochen Brunnhofer und seine Mitarbeiter bei der Stadt Bottrop kommen die neuen Fälle nicht überraschend. Angesichts der Lockerungen und der Reisen sei man auf so eine Entwicklung vorbereitet gewesen, sagt er. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Für die Mitarbeiter im Gesundheitsamt ist es die reinste Detektivarbeit. Das fängt manchmal schon damit an, entsprechende Telefonnummern herauszufinden. Es komme auch vor, dass potenzielle Kontakte von Patienten per Brief informiert werden. „In dem Fall wird der sofort vom Kommunalen Ordnungsdienst überbracht“, erläutert Marga das Vorgehen. Auch deshalb bitten die Verantwortlichen bei der Stadt um möglichst präzise Angaben. Arbeitgeber, Friseure oder Kneipen werden bei Bedarf angesprochen, um weitere Kontakte des Erkrankten abzufragen. Dafür sind die Institutionen verpflichtet, ihre Listen zu führen.

12 Mitarbeiter sind derzeit beim Bottroper Amt mit der Nachverfolgung befasst

Die meisten Menschen seien zum Glück sehr offen, wenn die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes anrufen. Vielfach hätten sie auch schon damit gerechnet, etwa weil der Patient sie zuvor schon selbst über seinen positiven Corona-Test informiert hat. Ein Fragenkatalog hilft dem Team des Gesundheitsamtes, die Kontakte zu kategorisieren und weitere Maßnahmen anzustoßen – von Test bis hin zur Quarantäneanordnung, etwa wenn schon Symptome auftreten.

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Logisch, dass diese Form der Nachforschung sehr aufwändig ist. Rund 12 Mitarbeiter sind aktuell damit beschäftigt. Dafür greift das Gesundheitsamt auch auf Mitarbeiter anderer Ämter zurück. Denn allein mit eigenen Kräften sei das nicht zu leisten, sagt Marga. Es gebe einen Pool von Mitarbeitern, die dafür je nach Bedarf eingesetzt werden könnten, erklärt Gesundheitsdezernent Jochen Brunnhofer.

Für Häußler, Bosomprah und die Kollegen bedeutet das vor allem eines – telefonieren, und zwar nahezu Nonstopp. Um einen Eindruck zu gewinnen: „Die Telefone bei uns speichern die letzten 100 Rufnummern. Wenn man abends Feierabend macht, ist es oft genug so, dass man die ersten Nummern des Tages nicht mehr sieht.“

Corona-Regeln müssen weiter befolgt werden

Der Aufwand sei nun einmal notwendig, bekräftigt Jochen Brunnhofer. Denn das Virus sei nicht weg und es ist immer noch potenziell tödlich. Gleichzeitig warnen er und Marga mit Blick auf zuletzt gestiegene Zahlen vor Panik. Man habe angesichts der Lockerungen und auch der Reiserückkehrer mit der Entwicklung gerechnet. Zuletzt hätten sich rund die Hälfte der Neuerkrankten im Familienkreis infiziert, ein Viertel im Urlaub.

Der Gesundheitsamtsleiter Dr. Marga und der Gesundheitsdezernent appellieren an die Eigenverantwortung der Bürger. Wer Symptome aufweise, die auf einen Corona-Erkrankung hindeuteten, sollte das schnellstmöglich abklären lassen und sich bis dahin isolieren, um nicht das Risiko einzugehen, weitere Menschen zu infizieren.

Wichtig für jedermann sei es außerdem, weiterhin die Corona-Regeln zu beachten: Also Abstand halten, Hygienemaßnahmen befolgen und die Alltagsmaske tragen – kurz Aha. Weitere Informationen über das Virus und die geltenden Corona-Schutzverordnung gibt es etwa im Internet auf den Seiten des NRW-Gesundheitsministeriums, des Robert-Koch-Instituts und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.