Bottrop. „Bottrop sein Doktor“ heißt Stratmann, Publikumsliebling und Marke. Benjamin Eisenberg hat promoviert. Tritt er bald auf als Doktor Eisenberg?

Im August geht die kabarettlose Zeit zu Ende - zumindest in Bottrop. Dann ist Benjamin Eisenberg wieder aktiv und die coronabedingte Zwangspause, die einem Auftrittsverbot gleichkam, wird sich hoffentlich so nie wiederholen. Natürlich hat der 38-Jährige weiter die berühmten grauen Zellen trainiert, Programme vorbereitet - und vor allem: seine Promotion so gut wie abgeschlossen. Wenn die Arbeit veröffentlicht ist, was wohl noch im Sommer - vor der geplanten Norderneywoche - der Fall sein wird, hat Bottrop nach Doktor Stratmann seinen zweiten Kabarett-Doktor. Ob sich damit auch die „Marke Eisenberg“ ändert?

Herr Eisenberg, treten Sie demnächst neben Doktor Stratmann als Doktor Eisenberg auf?

Benjamin Eisenberg: Nein, das ist wohl nicht geplant. Ich werde auch künftig nicht als Doktor Eisenberg auftreten. Der Doktor Stratmann ist ja schon eine Figur, eine Marke, auch mit seinen medizinischen Themen. Das ist bei mir ja ganz anders. Aber erst muss die Doktorarbeit ja gedruckt sein.

Was ist Ihr Thema?

Der genaue Titel der Arbeit lautet „Aspekte der Komikanalyse - wie entsteht Sprachkomik“.

Also kein zweiter Mediziner als hiesiger Kabarettist?

Nein, ich bin Germanist und Kommunikationswissenschaftler und promoviere im Bereich Sprachwissenschaft.

Bei Programmen wie „Pointen aus Stahl“ ist dieser theoretische Überbau sicher hilfreich. Aber ändert sich das, was Menschen als komisch empfinden nicht ständig, lachen wir anders als unsere Großeltern?

Sprachkomik ist immer auch eine Frage der Zeit, Gewohnheiten ändern sich, die Themen. Aber die Strategien zur Komikbildung bleiben gleich, im Grunde seit Aristoteles. Übertreiben, untertreiben, das Abweichen von der Norm ist das Entscheidende, das ist die Chance, komisch zu sein.

Benjamin Eisenberg im WAZ-Gespräch.
Benjamin Eisenberg im WAZ-Gespräch. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Schreiben Sie ihre Programme also nach einer vorgefertigten, wissenschaftlich genormten Schablone, von der Sie meinen, dass sie funktioniert? Entstehen so also die „Pointen aus Stahl“?

(Lacht) Nein. Die theoretische oder wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Gag, der Pointe, macht zwar manches bewusster. Aber das in eine Schablone zu pressen, auch wenn man das in manchen TV-Formaten noch dazu mit eingespieltem Applaus sieht: Das wäre nicht mein Stil. Es geht um Interaktion zwischen Künstler und Publikum, das hat mir in den letzten Monaten auch sehr gefehlt.

Was ist das Ziel Ihrer Doktorarbeit?

Ein Ziel war, möglichst viele Strategien zur Komik zusammenzutragen. Am Ende kam ich auf 205.

Zum Beispiel?

Doppeldeutigkeit. Ich plädiere auch in der Arbeit dafür, den Rätselcharakter auszubauen, Anspielungen einzuordnen, den Bezugsrahmen herzustellen.

Wer hört Ihre Programme zuerst, wer testet die Publikumstauglichkeit?

Meine Freundin ist ein wichtiger Katalysator. Sie muss auch manchmal zuerst das Bilderrätsel lösen, das in einigen Shows eine wichtige Rolle spielt.

Wie wichtig ist der Doktortitel für Ihr Ego?

Der spielt da eigentlich eine eher untergeordnete Rolle. In der Szene oder mit Blick auf Kolleginnen und Kollegen sowieso. Da ist es wie beim Fußball: Wichtig ist auf’m Platz. Ähnlich wie bei einem Kabarettpreis ist auch der Doktortitel kein Grund, sich etwas einzubilden. Aber: Für den eigenen Wissensgewinn finde ich die Promotionsjahre schon wichtig, vielleicht auch, so Teil der wissenschaftlichen Forschung zu sein.

Wird Corona in den nächsten Programmen eine Rolle spielen?

Es ist ja zuletzt sonst nicht viel passiert. Das muss rein. Selbst Herr Tönnies und die Schweine hängen mit Corona zusammen. Aber die Kollegen und ich wollen natürlich die Leute nicht den ganzen Abend mit dem Virus nerven. Jetzt bin ich gerade der CDU dankbar, dass die Frage nach der neuen Führungsperson wieder Fahrt aufnimmt und die Diskussion um die Frauenquote. Aber: Man muss ja froh sein, wenn heute überhaupt irgendeine oder einer noch den Polit-Job macht.

Hat Ihnen die staatliche Unterstützung in der Zwangspause geholfen?

Die 2000 Euro vom Land waren schnell da, zum Glück. Die 9000 Euro Betriebskosten muss ich größtenteils zurückzahlen. Wir alle vermissen immer noch ein Programm für Solo-Selbstständige. Da soll ja nach dem Sommer - etwas spät, finde ich - etwas passieren. Deswegen sollen sich auch möglichst viele Selbstständige der Petition der Freien Künstler anschließen, die noch läuft.