Bottrop. Gabriele Beckmann musste ihren Bottroper Blumenladen herunterfahren. Jetzt baut sie auf Normalität. Reich kann sie nicht werden, nur glücklich.

Viele Kleinbetriebe haben unter der Corona-Krise besonders stark gelitten. Sie begrüßen jetzt den Beginn der „neuen“ Normalität und hoffen auf den Neuanfang. So ergeht es Gabriele Beckmann mit ihren Floristikladen „Blumenstiel“ an der Droßlingstraße in Grafenwald.

Die Umsatzeinbußen haben ihr stark zugesetzt. Nicht so sehr die erzwungene Schließung über zehn Tage. Die seien überbrückbar gewesen. Es fehlen einfach die regelmäßigen Einnahmen von Hochzeiten, Kommunionen und Firmenaufträgen. Beerdigungen finden nur noch in kleinem Rahmen statt. Ein besonders großes Loch riss die Absage des Karfreitag-Kreuzweges auf der Halde Haniel, bei der sonst mehrere hundert Blumengebinde geordert wurden.

Es gilt, Stammkunden zu schaffen und zu erhalten

Das Privatkundengeschäft ist dafür weitaus besser als gewöhnlich, die Kunden seien häufiger gekommen. Am Muttertag sei sie nahezu ausverkauft gewesen, berichtet Gabriele Beckmann. „Wir wollen euch nicht verlieren“, hätten viele Kunden gesagt. Hier im abgelegenen Gebiet muss man sich die Stammkunden schaffen und erhalten, weiß die Floristin: „Zufällig kommt hier keiner vorbei.“

Die finanzielle Situation ist momentan nicht rosig. „Im Moment verdiene ich nichts, ich arbeite für weniger als einen Euro in der Stunde,“ berichtet Gabriele Beckmann.
Die finanzielle Situation ist momentan nicht rosig. „Im Moment verdiene ich nichts, ich arbeite für weniger als einen Euro in der Stunde,“ berichtet Gabriele Beckmann. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Der organisatorische Ablauf musste angepasst werden, zuerst gab es nur ein „Blumen Drive Inn“, jetzt dürfen zwei Kunden im Verkaufsraum sein, Abstand und Masken sind Pflicht, die fertigen Sträuße werden am Fenster abholt, das sei aber bislang aufgrund des guten Wetters nie ein Problem gewesen. Ein willkommenes Zubrot wurde durch den Verkauf von Schutzmasken aus Eigenproduktion verdient.

Die Soforthilfe sichert das Gehalt der Angestellten

Die augenblickliche finanzielle Situation ist nicht rosig. „Im Moment verdiene ich nichts, ich arbeite für weniger als einen Euro in der Stunde,“ berichtet Gabriele Beckmann. Die Einnahmen gehen für die Wareneinkäufe, Betriebskosten und Sozialversicherungen weg. Die erhaltene staatliche Soforthilfe sichert das Gehalt von Floristin Sabine Ostermann, die seit 13 Jahren dabei ist. „Sie ist mein bestes Stück im Laden“, weiß Beckmann den Wert ihrer Angestellten zu schätzen.

Zusammen haben sie ein enges Verhältnis zu den Kunden, das auch den besonderen Reiz des Ladens ausmacht. Man nimmt sich hier die Zeit für Gespräche. Bank und Stühle stehen für die meist langjährigen Kunden bereit. „Hier darf sich jeder hinsetzen und mit uns reden, es gibt auch Kaffee.“ Als ausgebildete Trauerbegleiterin wenden sich oft trauernde Angehörige an Gabriele Beckmann, und es kommt zu intensiven Gesprächen.

Auch interessant

Hier in dem ehemaligen Stall gibt es keinen Chromglanz, der vorgelagerte Verkaufsraum ist rustikal, aber wohlgeordnet, in der Werkstatt herrscht „kreatives Chaos“, wie die Ladeninhaberin es bezeichnet. „Wir sind ein etwas anderer Blumenladen, wir wollen auch anders sein.“ Zwar gehören Existenzängste und Gedanken über die Zukunft seit dem Krisenbeginn zum Alltag und die Überlegung, einfach aufzuhören, war auch schon mal da, ist aber keine Alternative. „Ich mach weiter, weil es mein Leben ist. Hier kann man nicht reich werden, nur glücklich“, resümierte die Floristin: „Ich kann es schaffen, aber das wird man erst am Ende des Jahres genauer wissen.“