Bottrop. Die harten Coronaregeln sorgen bei beiden Konfessionen für Eingriffe in den Ablauf. Besucher freuen sich - trotz Gesangsverbot und Maskenpflicht.
Wenn die ersten öffentlichen Gottesdienste in Coronazeiten ausgerechnet am Sonntag „Cantate“ stattfinden dürfen, Chöre und Gemeinden aber ihre Stimmen nicht erheben können, ist dies für die ersten Kirchenbesucher schon fast böse Ironie. „Cantate Domino“ - „Singt dem Herrn ein neues Lied“, so heißt es im Eingangsvers zum Gottesdienst in der evangelischen Martinskirche. Dieser Sonntag - in der katholischen Kirche heute eher nüchtern 5. Sonntag der Osterzeit genannt - ist normalerweise der Tag der Kirchenmusik und des Gemeindegesangs schlechthin.
Weihwasserbecken liegen trocken
Stattdessen gehen die gut 30 Gläubigen in einer von vier Sonntagsmessen in St. Cyriakus, etwas weniger sind es kurz darauf in der evangelischen Martinskirche, im wahrsten Sinne neue Wege, die Helferinnen und Helfer zwischen teils abgesperrten Bänken und jede Menge Hinweisschildern erklären. Dann setzt die Orgel ein. Großer Nachhall in schütter besetzter großen Kirche. Kathedralartig, pompös braust die Königin der Instrumente, es ist ja die Zeit der großen Feste, Ostern, bald Himmelfahrt und Pfingsten. Die Musik bricht sich doch noch Bahn: Kantorin Ursula Kirchhoff schickt„Der Herr ist mein Hirte“ oder „Singt ein neues Lied“ aus Antonin Dvoráks „Biblischen Gesängen“ ins weite Kirchenschiff. Weil die Weihwasserbecken am Eingang epidemiebedingt trocken bleiben müssen, schreitet Pfarrer Jürgen Cleve mit dem geweihten Nass durch die Kirche und besprengt die Gemeinde damit zur Erinnerung an die Taufe.
Die Lektorin liest die Geschichte vom Eckstein, den die Bauleute einst verwarfen: In einer kurzen Predigt wirft Cleve einen Blick in die Zukunft, auf das neue Haus der Gemeinde, das gerade neben der Kirche neu entsteht. Und: „Nein, wir setzen nicht mit allen Mitteln das Recht durch, Gottesdienst feiern zu dürfen.“ Man tut das, was gerade erlaubt wurde, was möglich ist, fast schlicht, wäre da nicht die prachtvolle Musik. „Ich weiß, das mein Erlöser lebt“ - Ursula Kirchhoff singt Händels unsterbliche Musik und selten erlebt man die Atmosphäre so konzentriert, vielleicht dankbar und voller Andacht, um es altmodisch auszudrücken.
Denen, die da sind, ist es spürbar ein Bedürfnis, auch wenn die Kommunionausteilung erklärt werden muss. System Einbahnstraße, der Pfarrer mit Mundschutz hat zuvor die Hände im Chorraum für alle sichtbar desinfiziert und legt nun hinter einer großen Plexiglaswand jeden Teilnehmer die geweihte Hostie in eine eigene Schale. Weiß gedeckte Tische dienen als Abstandhalter und Rückgabe für die leeren Schälchen. Schlussgebet, Segen? Fehlanzeige. Die Menschen verlassen nur begleitet von Musik die Cyriakuskirche. Es war gut. Und. „Gut, dass wir wieder kommen dürfen, auch wenn noch alles anders ist“, sagt ein Teenager mit Mundschutz.
Sonntag „Cantate“ - und die Gemeinde schweigt
Mit und ohne Anmeldung
Die evangelische Gemeinde feiert ab sofort in allen Kirchen bis auf die Räume Vonderort, Fuhlenbrock und Ebel Sonntagsgottesdienste zur gewohnten Zeit ohne Anmeldung. Die Katholiken der Großpfarreien St. Cyriakus und St. Joseph sollten sich anmelden: www.st-cyriakus.de oder www.joseph-bottrop.de