Bottrop. Zum Schulabschluss wird in der Regel auch kräftig gefeiert. Doch in Zeiten von Corona fällt wohl auch das aus. Dabei geht es auch um viel Geld.
Der aktuelle Abschlussjahrgang an den Bottroper Schulen ist schon arg gebeutelt. Denn auch abseits vom Wiedereinstieg in den veränderten Schulalltag samt Prüfungsvorbereitungen und Prüfungen, wird der Abschluss in diesem Jahr wohl einmalig – und das ist nicht positiv gemeint. Denn viele Dinge, gemeinsames Feiern, das Abschiednehmen in großer Runde – sie werden wohl coronabedingt auf der Strecke bleiben.
An der Willy-Brandt-Gesamtschule (WBG) jedenfalls rechnen die Abiturientinnen und Abiturienten nicht mehr damit, dass sie einen Abi-Ball feiern werden. Monatelange Planungen und viel Stress – einfach vom Virus über den Haufen geworfen. „Es ist einfach alles anders, als man es sich vorgestellt hat und als man es auch all die Jahre von den vorherigen Abschlussklassen mitbekommen hat“, sagt Mariele Bautz, die im Abi-Komitee für die Finanzen verantwortlich ist.
Miete für die Veranstaltungshalle in Altenessen liegt bei 14.000 Euro
Auch die Motto-Woche – eine Woche lang kommen die Abiturienten nach einem bestimmten Motto verkleidet in die Schule – war schon vorbereitet, Karten für die Zulassungsfeier in einer Disko schon verkauft. Einnahmen, die wiederum in den großen Topf fließen, um den Abiball zu finanzieren.
Was nun passiert, wissen die Schülerinnen und Schüler noch nicht so genau. Das Geld für den Saal wird es wohl zurückgeben, wenn der Vermieter letztlich absagen muss, weil derartige Veranstaltungen nicht erlaubt sind. Ein dicker Batzen, denn allein für die Miete der Veranstaltungshalle in Altenessen zahlt der Jahrgang 14.000 Euro.
Bottroper Abiturienten haben im Vorfeld Geld verdient und gesammelt
Geld, das die Abiturienten im Vorfeld eingenommen haben – etwa durch Kuchenverkauf bei Schulveranstaltungen oder durch den Verkauf von Eintrittskarten für Vorabi-Partys. Zumindest auf eine Grillparty im kleineren Rahmen hoffe man noch, sagt Mariele Bautz. Die Überlegung, den Abi-Ball vielleicht später nachzuholen, fand bei einer Abstimmung in der Stufe keine Mehrheit. „Das hätte sich auch irgendwie unecht angefühlt“, sagt die 19-Jährige. Also wird das Geld am Ende wohl ausgezahlt.
Auch am Heinrich-Heine-Gymnasium (HHG) ist die Stimmung unter den Abiturienten angesichts dieser Aussichten schlecht. Abgesagt ist der Ball hier zwar noch nicht, doch das hänge vor allem damit zusammen, dass man abwarte, bis der Vermieter möglicherweise aufgrund rechtlicher Vorgaben absagen muss. So käme die Stufe ohne finanzielle Verluste aus dem Vertrag heraus, sagt Stufensprecher Hendrik Bergendahl. Schon vor rund anderthalb Jahren sei die Halle in Oberhausen gebucht worden.
Es fehlt das gemeinsame Abschiednehmen von einem Lebensabschnitt
Doch unabhängig davon fehlt diesem Abiturjahrgang, überhaupt den Abschlussjahrgängen einfach Grundlegendes. Die gemeinsamen Feiern sind ja auch eine Art, voneinander Abschied zu nehmen. Nach dem Ende der Schule zerstreut sich so eine Jahrgangsstufe ja oftmals. In Studium und Beruf bilden sich neue Freundschaften, nicht mehr mit jedem aus der Schulzeit bleibt man in Kontakt. Ob es die Möglichkeit gibt, eine Reise zu machen - ob als Gruppe oder aber allein für einige Zeit die Welt erkunden – das steht in den Sternen.
All das wird aller Voraussicht nach fehlen, denn: „Wir wissen ja noch nicht einmal, wie die offizielle Entlassfeier mit der Zeugnisübergabe aussehen wird. Ob wir da alle zusammen kommen dürfen“, sagt Hendrik Bergendahl.
Bottroper Schüler sind traurig, auf diese Weise die Schule zu verlassen
Auch HHG-Schulleiter Tobias Mattheis hat beobachtet, dass den Schülern diese Situation zu schaffen macht: „Sie fühlen sich fachlich gut vorbereitet, aber es ist eine Riesenbelastung, dass alles, was sonst rund ums Abi passiert, wegbricht.“ Hendrik Bergendahl spricht von einem „komischen Abschluss“. Am Freitag hätte man die Schule noch normal verlassen, dann kamen übers Wochenende die Corona-Zwangsferien. „Und seither haben wir uns ja nie mehr alle zusammen gesehen.“
Dass Mottowochen oder Abischerze nun nicht stattfinden können, sei schon traurig. Zumal man ja über all die Jahre diese Dinge miterlebt habe und nun selbst aktiv werden wollte. „Es ist schon komisch, auf diese Weise die Schule zu verlassen.“ Immerhin, an einer Tradition wird auch in diesem Jahr festgehalten. Ein Denkmal auf dem Schulhof soll auch an diesen Abi-Jahrgang erinnern.
Auch für die Vermieter der Veranstaltungshallen ist das ein Schlag ins Kontor
Danach wird auch am HHG Kassensturz gemacht und überlegt, was mit dem nicht benötigten Geld passiert. Drei Raten á 90 Euro hatten die Schüler im Vorfeld eingezahlt, dazu bei verschiedenen Anlässen Geld verdient. „Letztlich kriegen Schüler und Eltern das Geld wohl zurück.“
Nicht nur für die Schülerinnen und Schüler ist die aktuelle Situation hart. Auch Veranstaltungshallen, die fest mit dem Geschäft der Abi-Bälle rechnen, bekommen Probleme. In Bottrop ist der Muazzam-Palast an der Weusterstraße davon betroffen. Vier Abi-Bälle sollen dort stattfinden, sagt Inhaber Canan Demircan. Bisher bereitet er die Veranstaltungen weiter vor, wartet auf offizielle Mitteilungen, inwieweit sie stattfinden dürfen oder nicht. So warte er aktuell noch auf die Definition von Großveranstaltungen, die ja schon bis Ende August abgesagt sind.
Besitzer des Muazzam-Palastes in Bottrop bangt wegen Corona um seine Existenz
Fielen auch die Abi-Bälle der Corona-bedingten Absage zum Opfer, so würden seine Sorgen noch größer, sagt Canan Demircan. Denn schon jetzt seien viele Veranstaltungen abgesagt worden. „Wir haben die Befürchtung, dass wir Schwierigkeiten bekommen werden, wenn es bis Ende August dauert“, beschreibt auch er seine Existenzsorgen.
Auch interessant
Zumal er die Location in dem Gewerbegebiet gemeinsam mit seiner Frau erst 2018 eröffnet hat. Doch von Beginn an lief es eigentlich gut. Noch Anfang des Jahres waren die Samstage bis zum Jahresende ausgebucht. Auch Bottroper Karnevalsvereine hatten die Halle für sich entdeckt und dort zu Sitzungen und Partys eingeladen.