Bottrop. Der Kämmerer verlässt ein geordnetes Haus. Im Etat stehen Überschüsse. Kulturprojekte strahlen. Die Corona-Krise fordert Einsatz bis zum Schluss.

Stadtkämmerer Willi Loeven hat die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt trotz ihrer noch immer hohen Verschuldung für die nächsten zwei Jahre gesichert. Außerdem hat Loeven es auf den letzten Metern als Kulturdezernent geschafft, dass die Stadt trotz der Verteuerung des neuen Museumsbauwerks am Quadrat nicht draufzahlen wird. Willi Loeven nimmt das sehr wohl zufrieden zur Kenntnis; typisch für ihn ist aber auch, dass er in der Corona-Krise eine noch wichtigere Aufgabe sieht. "Wir müssen jetzt alles tun, um die Bevölkerung zu schützen", betont er.

Am letzten Arbeitstag des Bottropers teilte die Finanzaufsicht in Münster mit, dass sie den Bottroper Etat für 2020 und 2021 genehmigt hat. Demnach wird die Stadt nach den vielen Jahren im Defizit in diesem Jahr einen Überschuss von rund 325.000 Euro machen und im nächsten von 471.000 Euro. Oberbürgermeister Bernd Tischler wiederum hob an Loevens Abschiedstag dessen Verdienst daran hervor, dass Bund, Land und RAG-Stiftung die durch die boomende Baukonjunktur entstandenen Mehrkosten von drei Millionen Euro beim Museumsanbau im Stadtgarten komplett übernehmen.

Am Quadrat ein Leuchtturmprojekt auf den Weg gebracht

Nun also endet Loevens Karriere bei der Stadtverwaltung nach 49 Jahren am 31. März 2020. Dabei forderte die Corona-Krise den vollen Einsatz des Bottropers, der auch für die Ressorts Gesundheit und Soziales hauptverantwortlich war, bis zum letzten Arbeitstag. "Das fühlt sich ein bisschen surreal an", sagt der Kämmerer über seinen Abschied. Zwar ist Nachfolger Jochen Brunnhofer schon seit Dezember gewählt und arbeitete sich seitdem mit ihm als Ratgeber in seine neuen Aufgaben ein, doch wegen der Pandemie vollzieht Loeven jetzt eine berufliche Vollbremsung. "Quasi von 150 auf fast null", umschreibt der Bottroper das.

Beinahe hätte Willi Loeven zu seinem Abschied sagen können: "Alles ist gut". Mit dem neuen Museumsgebäude am Quadrat hat der Kulturdezernent ein Leuchtturmprojekt auf den Weg gebracht. Über dem neuen Rohbau am Kulturzentrum hängt der Richtkranz. "Das alles war gut und richtig", sagt Loeven auch über den Finanzpakt, den Bottrop freiwillig mit dem Land eingegangen war. Das brachte der Stadt als Gegenleistung für eigene Einsparungen zig Millionen an Finanzzuschüssen ein. "Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie Bottrop ohne den Stärkungspakt dastehen würde", bekräftigt der Kämmerer. Nur für den Abbau der Altschulden kämpfte Loeven bis zum Schluss vergeblich, auch wenn die Stadt ihre Kassenkredite aus eigener Kraft schon kräftig senkte.

Bund und Land müssen auch Hilfspakete für Städte schnüren

Auf die Fragen und Appelle der Ratsparteien zu den finanziellen Folgen der Corona-Krise hat Loeven allerdings noch keine Antwort, auf die er sich festlegt. Absehbar sei aber, dass auch die Einnahmen der Stadt stark sinken werden, wenn Bund und Land keine Finanzhilfe leisten. SPD-Landtagsabgeordneter Thomas Göddertz hat daher ja bereits gefordert, dass die Landesregierung nicht nur Hilfspakete für Unternehmen, sondern auch für Städte schnüren müsse, und auch die Bottroper Grünen verlangen einen Corona-Rettungsschirm für die Städte.

Wegen der Wirtschaftsflaute werden sonst sowohl die eigenen Einnahmen der Stadt aus der Gewerbesteuer als auch ihr Anteile an Einkommenssteuern und Umsatzsteuern einbrechen, hält auch Willi Loeven fest. Auf der anderen Seite steigen die Sozialausgaben. So muss das Jobcenter auch Arbeitnehmern bei Kurzarbeit helfen oder Freiberuflern und Solo-Selbstständigen Unterstützung zahlen. "Es darf nicht sein, dass die Städte von Bund und Land mit den finanziellen Folgen der Corona-Krise allein gelassen werden", mahnt daher auch der Stadtkämmerer zum Abschied.

Nicht nur Willi Loeven ist jetzt in Pension, auch eine seiner wichtigsten Helferinnen nimmt Abschied: Marianne Ender aus seinem Vorzimmer.