Bottrop. Ein überraschendes Urteil des Verfassungsgerichtshofes hat in Bottrop die Rechner glühen lassen. Das Wahlamt musste Wahlbezirke neu zuschneiden

In aller Eile hat das Wahlamt in den letzten Wochen viele Kommunalwahlbezirke neu zuschneiden müssen. Ursache war ein überraschendes Urteil des Verfassungsgerichtshofes NRW.

Der hatte sich eigentlich in einer Normenkontrollklage mit der Frage befasst: Ist die Abschaffung der Stichwahl bei Bürgermeister- und Landratswahlen rechtens? Ist sie nicht, entschieden die Richter. Und sie befanden bei der Gelegenheit auch: Das Kommunalwahlrecht in NRW verstößt gegen den Grundsatz, dass jede Wählerstimme das gleiche Gewicht haben sollte.

„Das Urteil kam überraschend“

„Dieses Urteil kam für alle überraschend, weil die Größe der Wahlbezirke gar nicht Gegenstand des Verfahrens war“, sagt Dezernent Willi Loeven. Dennoch entschied der Landeswahlleiter nach der Weihnachtspause und gründlichem Studium der Urteilsbegründung: Statt um 25 Prozent, wie es das Wahlgesetz vorsieht, dürfen die Größen der Wahlbezirke in der Regel nur noch um 15 Prozent abweichen. Und: Die Kommunen müssen bei der Berechnung auch noch Bevölkerungsverschiebungen berücksichten, die bis zum Wahltag absehbar sind, etwa durch die Fertigstellung eines Neubaugebietes. Und das alles, bitteschön, bis zum 29. Februar: Dann rechnet mal schön.

Die Bottroper Wahlplaner wurden so aus dem guten Gefühl gerissen: Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Sie hatten dem Wahlausschuss bereits im Dezember die Einteilung des Stadtgebietes in Kommunalwahlbezirke straßenscharf vorgelegt. Eine kleine Wählerverschiebung war notwendig gewesen, aber sonst hätte alles bleiben können, wie es war.

Diese Kommunalwahlbezirke muss die Stadt neu schneiden, weil sie zu groß oder zu klein sind.
Diese Kommunalwahlbezirke muss die Stadt neu schneiden, weil sie zu groß oder zu klein sind. © funkegrafik nrw | Selina Sielaff

Nur noch 15 Prozent Größenabweichung zulässig

Als die Wahlbezirksgrößen nur noch um 15 statt 25 Prozent von einander abweichen durften, ging das Rechnen neu los, noch dazu unter Zeitdruck - und unter den argwöhnischen Blicken der angehenden Wahlkämpfer: Wird da etwa etwas zu unseren Ungunsten verschoben?

Um diesen Verdacht vorzubeugen, hat sich die Stadt für die Neuberechnung eine weitere Auflage gegeben, sagt Loeven: „Wir hätten theoretisch auch die Bezirksgrenzen verändern können. Das haben wir aber nicht gemacht.“ So bleibt die Ausgangslage für die Wahl der Bezirksvertreter unverändert, die ja auch bei der Kommunalwahl im September stattfindet.

Drei zu groß, drei zu klein

Nach den neuen Regeln zu groß sind neben dem Bezirk Ekel/Feldhausen die Bezirke Fuhlenbrock-Nord und Vonderort/Lehmkuhle. Ein weiterer, Boy-West, wird bis zur Wahl zu groß werden durch die Neubauten an der Heimannstraße auf dem ehemaligen Brockmann-Gelände. Zu klein sind dagegen die Bezirke Mitte-West in der Innenstadt, Eigen-Ost und Batenbrock-Mitte.

„Die Umschichtungen in der Innenstadt, Fuhlenbrock und Kirchhellen waren relativ einfach“, sagt Loeven. Der zu kleine Wahlbezirk Mitte-West bekam einen Stimmbezirk von Mitte-Ost dazu. In Fuhlenbrock haben die Wahlplaner einen halben Stimmbezirk von Nord nach Süd verschoben. Und in Kirchhellen wurde Ekel von Feldhausen nach Hardinghausen neu zugeordnet.

Einzelne Straßen verschoben

Über Boy-West haben die Experten allerdings lange nachdenken müssen, weil auch der Nachbarbezirk Boy-Ost schon ziemlich groß ist. Am Ende musten die Planer einzelne Straßen zwischen den beiden Boyer Bezirken und dem Nachbarn Boverheide-Ost hin und her schieben, bis es passte. Ähnliche Verschiebungen wurden zwischen Batenbrock und Lehmkuhle notwendig.

„Ohne die modernen Daten-Werkzeuge hätten wir Monate gebraucht, um die neuen Zuschnitte so zu berechnen, dass alle Vorgaben erfüllt sind“, sagt Loeven. „So haben wir es in vier Wochen geschafft. Aber es war harte Arbeit.“

Was sich für den Wähler ändert

Durch die Neuordnung hat jeder neue Wahlbezirk zwischen 3376 und 4568 Einwohner. Wenn ein Stimmbezirk oder eine Straße in einen anderen Kommunalwahlbezirk verschoben wird, ändert sich für die Wähler dort vermutlich bei der Kommunalwahl das Wahllokal. Auch wählt er dann andere Ratskandidaten der antretenden Parteien.

Der Kommunalwahlausschuss muss die neuen Zuschnitte nächsten Dienstag beschließen. Eine Liste der Stimmbezirke und der jeweils dazu gehörenden Straßen gibt es unter im Netz unter ratsinfo.bottrop.de