Bottrop. Der Bottroper Verein „Sieben Freunde“ lädt zu einer Premiere ins Filmforum ein. Lokalpolitiker kommen, Vertreter der Kirchen sind nicht zu sehen.

Eine Filmpremiere der besonderen Art gab es am Mittwoch im Filmforum. Der Verein „Sieben Freunde“ zeigte Gästen aus Politik, Kultur und Sozialwesen den Film „Gelobt sei Gott“. Zur Begrüßung bedankte sich Markus Elstner, Mitglied der „Sieben Freunde“, bei den Anwesenden, den Mitgliedern der Selbsthilfegruppe Wegweiser und dem Roten Keils, der die Finanzierung des Abends ermöglicht hat.

Still wird es im Raum, als Markus Elstner erklärt, dass dieser Tag für ihn eine Art Jahrestag ist, denn vor zehn Jahren hat er sich erstmals als Opfer sexuellen Missbrauchs geoutet. Seitdem engagiert er sich für die Enttabuisierung des Themas in der Öffentlichkeit, die Verfolgung der Täter und die Abschaffung der Verjährungsfrist.

Kommunalpolitiker zeigen durch ihr Erscheinen Respekt für die Betroffenen

Das Publikum bekommt im Filmforum den Streifen „Gelobt sei Gott“ vorgeführt.
Das Publikum bekommt im Filmforum den Streifen „Gelobt sei Gott“ vorgeführt. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Obwohl die Politik nach Einschätzung der Betroffenen noch längst nicht genug unternimmt, zeigen doch einige Kommunalpolitiker, darunter Bürgermeister Klaus Strehl, und die Ratsmitglieder Renate Palberg, Birgit Sochert und Gabriele Schmeer durch ihr Erscheinen ihr Interesse am Thema und ihren Respekt für die Betroffenen. Kirchenvertreter, die ebenfalls eingeladen waren, erschienen nicht.

Als es Vorhang auf heißt, zeigt sich schnell: Der Film von François Ozon ist hoch aktuell. Orientiert an realen Ereignissen, die die französische Justiz bis heute beschäftigen, erzählt er von Alexandre, François und Emmanuel, die als Jugendliche Opfer sexueller Übergriffe eines Priesters wurden. Behutsam, sachlich und unter Verzicht auf alle reißerischen Elemente lässt der Film die Zuschauer am Leben der Opfer teilhaben und zeigt die Folgen des Missbrauchs für Betroffene und ihre Familien.

Überzeugender als die Darstellung der Welt der Opfer, die manchmal zu holzschnittartig gerät, weil der Film bisweilen zu viel will und die Dialoge Selbsthilfebroschüren entlehnt scheinen, gelingt die Darstellung der Vermeidungs- und Vertuschungsmechanismen des klerikalen Apparats. Sei es das wiederholte salbungsvolle Sichberufen auf Verzeihen und Versöhnung oder das gemeinsame Gebet mit dem Täter, zu dem eines der Opfer genötigt wird, oder der wiederkehrende Hinweis, für konsequentes Handeln sei es „nicht der richtige Zeitpunkt“.

Im Foyer gibt es nach dem Film noch intensive Diskussionen

Nach dem Abspann betritt Markus Elstner nochmals die Bühne. Während viele Zuschauer noch versuchen, das Gesehene zu verarbeiten, versichert er, dass der Film an keiner Stelle übertreibt, „sondern die Realität noch viel schlimmer ist“.

Auch interessant

Diese Einschätzung teilen auch einige der Gäste, vor allem Beraterinnen, die mit Opfern Kontakt haben. So entstehen nach dem Film im Foyer des Filmforums noch intensive Diskussionen, wie die persönlichen Eindrücke in Handeln übersetzt werden können. Um diesen Prozess zu unterstützen, verteilt Dagmar Kaplan, Vorstandsmitglied der „Sieben Freunde“, vorbereitete „Auftragskarten“ an die anwesenden Politiker. Die Karten enthalten Forderungen der Betroffenen und Vorschläge zur Umsetzung.

In drei Monaten wird es ein Treffen geben, bei dem die Resultate der Arbeit mit den Auftragskarten diskutiert werden.

Lotsen in einer komplizierten Welt

Der Verein „Sieben Freunde“ bietet ehrenamtlich Unterstützung für Familien an. Er setzt sich aus Menschen zusammen, die aus unterschiedlichen sozialen Berufen kommen. Sie verstehen sich nach eigenem Bekunden als „Lotsen in einer immer komplizierter werdenden Welt“.

„Wir haben ein offenes Ohr für Menschen in unterschiedlichen Familiengefügen und bieten unbürokratische und unkomplizierte Hilfe an“, heißt es auf der Website des Vereins www.sieben-freunde.com.