Bottrop. Seit 50 Jahren wirbt die Gilde der Marktschreier mit flotten Sprüchen um Kunden. In Bottrop dabei: Urgestein Wurst-Achim und Neuling Knabber-Paul
„Man sagt: Wenn die Marktschreier in eine Stadt reisen, dann zieht der Frühling ein“, ruft Veranstalter Achim Borgschulze zur Eröffnung des Spektakels mit Wurst-Achim, Aal-Ole und Co. über den Berliner Platz. Und es klingt wie eine Ermutigung für die noch nicht allzu zahlreichen Besucher, die am Mittwochmorgen in der nass-kalten Witterung frösteln. Dafür aber erst einmal zum Marktschreierfrühstück mit von den Protagonisten zusammengestellten Häppchen eingeladen sind. Nebst Freibier, versteht sich.
Ungemütliches Wetter zum Auftakt des Marktschreier-Spektakels
In Bottrop feiern die Marktschreier diesmal den Auftakt für ihr Jubiläumsjahr: Die Gilde wird 50. „Ich habe das von meinem Vater geerbt“, erzählt der heutige Chef Achim Borgschulze. Der am längsten amtierende Marktschreier an Bord – der „Opa“, wie Borgschulze ihn mit einem Augenzwinkern nennt –, ist Wurst-Achim. „Ich bin jetzt auch schon 31 Jahre dabei“, verrät der Mann, der an diesem Mittwochmorgen wieder einmal zu den lautesten seiner Zunft zählt.
Das ungemütliche Wetter zum Auftakt der ersten Marktschreier-Veranstaltung im noch jungen Jahr 2020 nimmt der erfahrene Mann gelassen zur Kenntnis: „Wir sind im Januar, da ist das Wetter kein Wunschkonzert.“ Bis Mitte/Ende November gastiert er mit seinem Wurststand jede Woche in einer anderen Stadt. Und was ist, wenn man als Marktschreier mal heiser wird? Wurst-Achim: „Dann hat man schlechte Karten. . . Das kommt auch mal vor, aber Gott sei Dank selten.“ Und so kann er wenig später schon den anfangs noch zögerlich vorbei schlendernden Passanten zurufen: „Ihr könnt ruhig rankommen, wir beißen nicht!“
Konkurrenten nehmen sich gegenseitig auf die Schippe
Bürgermeister Klaus Strehl hatte in seinen Eröffnungsworten die Gilde gelobt – „sie belebt das Bottroper Spektrum“ – und ganz besonders Marktschreier Knabber-Paul begrüßt. Der ist mit seinen Schokoladen-Angeboten nämlich zum ersten Mal in Bottrop mit dabei. Der 55-Jährige, der in einem Zweitgeschäft Staubsaugerzubehör vertreibt, hat sein Talent für diese Art des Marktverkaufs vor noch nicht allzu langer Zeit entdeckt. „Das erste Mal mit dem Mikro auf dem Wagen, das hat mich schon Überwindung gekostet“, erzählt der Händler aus der Nähe von Ulm.
Doch inzwischen weiß er sich zu verkaufen – und gegen seine Markt-Konkurrenten durchzusetzen, die sich gegenseitig gerne auf die Schippe nehmen. „Es darf nur nicht unter die Gürtellinie gehen“, betont Knabber-Paul. „Man ist hier in gewisser Weise ein Comedian. Die Leute möchten lachen, etwas erleben.“
Besucherinnen teilen sich ihre Beute schwesterlich
Das können die Schwestern Ute Schramm und Elke Kotlarek sicherlich bestätigen. Die beiden sind jedenfalls gezielt zur Eröffnung des insgesamt viertägigen Marktschreier-Spekakels in die Stadt gekommen. „Wir mögen die Marktschreier“, sagt Ute Schramm, und ihre aus Essen stammende Schwester erzählt: „Die waren auch immer in Steele, da habe ich immer einiges gekauft.“ Das ist auch heute der Plan – die oftmals voll gepackten Tüten, mit denen die Händler ihre Kunden locken, wollen sie sich dann schwesterlich teilen.
Bis Samstag auf dem Berliner Platz
Die Gilde der Marktschreier gastiert noch bis Samstag, 1. Februar, auf dem Berliner Platz. Öffnungszeiten: 10 bis 18 Uhr. Laut Veranstalter Achim Borgschulze sind sechs Marktschreier vor Ort, darunter auch Aal-Ole, Mister Snack oder der Holländische Blumenkönig.
Dazu gibt es Imbiss- und Getränkestände, einen kleinen Krammarkt und ein Kinderkarussell.