Bottrop. Bottroper Hausärzte sagen: Von sich aus spricht kaum einer das heikle Thema an. Patienten treibt die Frage um: Ist man beim Hirntod wirklich tot?
Der Bundestag hat sich beim Thema Organspende mehrheitlich für die Zustimmungslösung ausgesprochen. Damit bleibt es so, dass Organe für eine Transplantation nur entnommen werden dürfen, wenn eine ausdrückliche Zustimmung vorliegt. Vorgesehen ist aber nun auch, dass Hausärzte ihre Patienten alle zwei Jahre gezielt und aktiv auf das Thema Organspende ansprechen. Das hält der Bottroper Ärztesprecher Dr. Christoph Giepen für sinnvoll und glaubt, dass sich darüber die Spendebereitschaft durchaus erhöhen lässt.
Vorweg: Die von Gesundheitsminister Jens Spahn favorisierte – und letztlich bei der Mehrheit der Abgeordneten durchgefallene – Widerspruchslösung hätte jeden zum Organspender gemacht, der sich nicht ausdrücklich dagegen ausspricht. „Ich persönlich als Hausarzt bin der Meinung, dass diese Lösung ethisch schwierig wäre“, sagt Giepen. Bislang werde in der Praxis auch kaum über das Thema gesprochen. „Es ist selten, dass ein Patient kommt und freiwillig sagt: Ich möchte über die Organspende sprechen.“ Das passiere vielleicht ein paarmal im Jahr. „Die Menschen möchten sich nicht damit beschäftigen.“ Andererseits besäßen die Hausärzte das Vertrauen der Menschen, so dass sie eigentlich einen guten Hebel haben müssten, um die Patienten – ergebnisoffen – zu einer Entscheidung für oder gegen Organspenden zu bewegen.
Organe werden nur in spezialisierten Kliniken transplantiert
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Um die Zahl der Spenden insgesamt zu erhöhen, hält Giepen das Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen wir wichtig: verbesserte organisatorische Strukturen in den Entnahmekrankenhäusern, die bereits auf den Weg gebracht worden seien, und dazu die regelmäßige Ansprache über viele Kanäle (u. a. bei der Personalausweis-Verlängerung), „wobei der Hausarzt sicher ein guter Kanal ist.“
Alexander Christoph Schnee, Oberarzt in der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, ist der Transplantationsbeauftragte am Knappschaftskrankenhaus. Dort werden zwar keine Organe transplantiert – das geschieht nur in spezialisierten Krankenhäusern –, aber durchaus welche entnommen. Schnee glaubt, dass die jetzige Lösung die Zahl der Organspenden in Deutschland wahrscheinlich geringfügig anheben wird, „da die Leute regelmäßig aufgefordert werden, sich zu entscheiden“. Bei der Widerspruchslösung „hätte ich aber eher erwartet, dass die Spenderzahlen noch mehr steigen.“
Ein Neurologe und ein Facharzt stellen unabhängig voneinander den Hirntod fest
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Viele Menschen treibt bei dem Thema die Frage um, wie der Hirntod festgestellt wird und ob der Mensch dann tatsächlich tot ist. Schnee klärt auf: „Heute wird für den Hirntod das Wort irreversibler Hirnfunktionsausfall benutzt.“ Dieser könne mit hundertprozentiger Sicherheit festgelegt werden. Zwei Ärzte – ein Neurologe und ein anderer Facharzt – müssen den Hirntod unabhängig voneinander feststellen. Dazu gebe es die körperliche Untersuchung und die Möglichkeit einer apparativen Diagnostik etwa per Null-Linien-EEG (keine Hirnfunktion mehr vorhanden), CT oder Ultraschall (kein Blutfluss mehr im Gehirn). Schnee: „Mit der Hirntod-Diagnose gilt der Patient als tot – unabhängig davon, ob eine Organspende erfolgt oder nicht.“
Das sieht die Neuregelung vor
Eine von Gesundheitsminister Jens Spahn vorgelegte Widerspruchslösung hätte vorgesehen, dass jeder Bürger automatisch Organspender ist - wenn er dem zuvor nicht ausdrücklich widersprochen hat. Den Ministervorschlag lehnte der Bundestag aber mit großer Mehrheit ab.
Vielmehr entschieden sich die Abgeordneten mit großer Mehrheit für eine Zustimmungslösung bei Organspenden. Danach ist eine Organentnahme nur möglich ist, wenn der Spender zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat. Die Bürger sollen aber mindestens alle zehn Jahre auf Organspenden angesprochen werden, etwa wenn sie einen Arzt besuchen oder zum Beispiel einen Personalausweis beantragen.
In einem Online-Register soll die Haltung eines jeden Bürgers zur Organspende mit Ja und Nein eingetragen werden.