Bottrop. Vor der Bottroper Zeche Prosper-Haniel stellen entlassene Bergleute demonstrativ Grablichter auf. Sie gehen gegen ihre Kündigung gerichtlich vor.
Zu einer Trauerstunde für die von der RAG gekündigten Bergleute kamen um die 150 entlassene Kumpel vor dem Bergwerk Prosper-Haniel zusammen und trafen sich zum letzten Licht bei der Nacht. Sie zündeten demonstrativ zahlreiche Grablichter an und stellten sie auf den Wegen zum Bergwerkseingang auf. Einige Bergleute hatten auch Frauen und Kinder mit zu der Kundgebung unter dem hell erleuchteten Förderturm von Prosper-Haniel gebracht.
„Niemand fällt ins Bergfreie“, sagt Ahmet Cöl gedehnt. Er ist einer der Organisatoren des Treffens. Die RAG habe dieses Versprechen nicht eingehalten, kritisiert der Bergmann. Auch er gehöre zu den gekündigten Beschäftigten. „Nach 30 Jahren Bergbau“, sagt er. „Wir sind ins Bergfreie gefallen“, betont der Bergmann. Er sei formell gerade einmal 15 Tage zu jung dafür, dass auch er Anspruch auf Anpassungsgeld gehabt hätte. „Einmal Bergmann, immer Bergmann“ haben die Bergleute um Ahmet Cöl in ihren Demonstrationsaufruf geschrieben. „Einer für alle, alle für einen“, rufen sie darin zu Solidarität auf. „Wir werden kämpfen“, kündigen die Demonstranten an, und zwar auf dem Rechtsweg. Ahmet Cöl hat drei Kinder. Sie sind 13, zehn und acht Jahre alt. Auch deshalb ist der Familienvater gegen seine Kündigung vor Gericht gezogen und hat eine Kündigungsschutzklage eingereicht.
Rechtsanwalt vertritt um die 150 gekündigte Bergleute
„Alle die Jahrgang ‘73 und jünger sind, wurden entlassen“, sagt der Bergmann. Formal habe die RAG ihren Beschäftigten andere Jobs angeboten, räumt er ein. Doch der Sache sei nicht zu trauen gewesen. „Ich habe an so einer Jobbörse im Bottroper Morianheim teilgenommen“, berichtet der Bergmann. Doch die Mitarbeiter der dort vertretenen Firmen hätte kaum verbindliche Angaben machen können. „Das war einfach nicht seriös“, meint Ahmet Cöl. Ein Job als Brückenbauer sei ihm angeboten worden, doch zu weitaus geringerem Lohn als im Bergbau. Nach der Kündigung durch die RAG sei er nun arbeitslos.
„Die Kündigungen greifen jetzt“, erklärt Rechtsanwalt Daniel Kuhlmann, warum sich die entlassenen Bergleute nun zu der Trauerstunde vor Prosper-Haniel trafen. Der Arbeitsrechtler vertritt um die 150 der etwa 200 gekündigten Bergleute. „Sie sind durchs Raster gefallen“, sagt der Jurist. Zwischen Mitte 40 und Mitte 50 Jahre alt sind seine Mandanten. Sie bestreiten, dass es für sie keine Arbeit auf dem Pütt mehr gäbe. „Die Parkplätze hier sind doch voll“, meint Ahmet Cöl kurz vor Schichtbeginn und dreht sich um die eigene Achse. Auch am Werkstor hebt und senkt sich immer wieder die Schranke und Fahrzeuge rollen aufs Zechengelände. „Der Deckel ist ja gar nicht drauf“, sagt auch Rechtsanwalt Kuhlmann daher. Die RAG habe noch genug Arbeit, sie hätte deshalb niemanden kündigen müssen, meint der Arbeitsrechtler.
Zu jung, um in die Anpassung zu gehen
„Mein Arbeitsplatz ist besetzt, nur von einem anderen“, meint auch Thomas Hoffmann. Auch er wehrt sich gegen die Kündigung, die er erhalten hat. 35 Jahre lang sei er über Tage im Bergbau beschäftigt gewesen und jetzt arbeitslos. Hoffmann ist gelernter Betriebsschlosser und studierte später dann an der Abendschule Maschinenbau. Auch er war auf dem Papier zu jung, um in Anpassung gehen zu können, berichtet der 52-Jährige. „Konkrete Stellenangebote für attraktive Jobs mit guten Gehältern hat es nicht gegeben, zumindest nicht im großen Stil“, betont auch Thomas Hoffmann. Er war auf Prosper-Haniel als Standortleiter für den Tagesbetrieb im Einsatz, schildert er. „Es gibt keine Arbeiten am Schacht, die ich nicht auch erledigen könnte“, sagt der gekündigte Bergbau-Beschäftigte. Dabei würden doch gerade auf den Zechen in Grafenwald und in Kirchhellen die Schächte verfüllt, allerdings von Fremdfirmen, meint er.
Auch interessant
Rechtsanwalt Kuhlmann wundert sich, dass sich die RAG jetzt so hartleibig zeige. „Sie hat doch so viele Leute wirklich sozialverträglich in den Ruhestand geschickt“, meint Kuhlmann. Das sei eine starke Leistung gewesen, erkennt er an. Die entlassenen Bergleute machten vielleicht zehn Prozent der Beschäftigten aus. „Und für sie soll es keine sozialverträgliche Lösung geben?“, fragt er. Vor Gericht jedenfalls hätten bereits einige ihre Wiedereinstellung erstritten. Kuhlmann: „Drei Klagen wurden abgewiesen, drei Klagen wurde stattgeben“.