Bottrop. Aus Sicht von SPD-Politikern, Kita-Trägern und anderen Verbänden in Bottrop fällt das neue Gesetz durch. Deshalb werden Nachbesserungen verlangt.
Am Ende einer Diskussionsrunde waren sich die Gäste im Boyer Begegnungszentrum der Awo weitgehend einig: Das neue NRW-Kinderbildungsgesetz (KiBiz) gefährdet die Trägervielfalt und gibt wenig Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft.
Das KiBiz regelt die Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen. Seit seinem ersten Inkrafttreten ist es höchst umstritten. Soeben wurde es unter der schwarz-gelben Landesregierung novelliert. Dies nahm der Bottroper SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Göddertz am Dienstagabend zum Anlass, mit Bürgern ins Gespräch zu kommen.
Schon der Eigenanteil von fünf Prozent stellt Kitas vor ein Problem
Das vom Bund geschaffene so genannte „Gute-Kita-Gesetz“ sichert den Ländern finanzielle Unterstützung bei der Kinderbetreuung zu. „Doch das Ergebnis kann nicht zufriedenstellen“, meinte Göddertz. Zustimmung erhielt er von Andrea Multmeier. Sie vertritt als Geschäftsführerin des Paritätischen in Bottrop sechs Kitas, die alle als Elterninitiativen geführt werden. „Vor allem kleine Kitas mit wenigen Gruppen haben es schwer. Sie leiden darunter, dass die Finanzierung nicht auskömmlich ist.“
Schon der Eigenanteil von rund fünf Prozent stellt für viele Kitas ein Problem dar. Deshalb wird er in Bottrop von der Kommune übernommen. „Das ist keine Selbstverständlichkeit“, sagte Göddertz, „und belastet Kommunen, die dem Stärkungspakt verpflichtet sind, schwer“. Seitens der Landesregierung sei eine Qualitätssteigerung versprochen worden, die den Familien zugute kommen soll. Doch gerade in dieser Hinsicht falle die Reform durch. Nicht nur bei Experten, sondern auch bei Gewerkschaften, Berufsverbänden, Wohlfahrtsverbänden, Praktikern und Trägern sowie beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe.
Die Podiumsdiskussion deckt eine Reihe weiterer Probleme auf
Der SPD-Landtagsabgeordnete Frank Müller, Hauptredner des Abends, ist im Familien- und im Schulausschuss des Landtags aktiv. Er fasste den zentralen Kritikpunkt zusammen: Statt das KiBiz von Grund auf zu reformieren und für Planungssicherheit zu sorgen, halte das Gesetz an Pauschalen pro Kind und verbindlichen Buchungszeiten fest, auf die die Eltern sich einlassen müssten. Müller schlägt stattdessen eine Sockelfinanzierung vor, „die im Einzelfall durch eine Spitzenfinanzierung ergänzt wird“.
Die Podiumsdiskussion deckte weitere Problemfelder auf, zum Beispiel den akuten Fachkräftemangel. Nötig wäre nach Einschätzung der anwesenden Kita-Leitungen ein landesweites Konzept zur Gewinnung von Fachkräften, die eine Ausbildungsvergütung für alle Auszubildenden einschließt. Das leiste die im Gesetz verankerte Ausbildungspauschale jedoch ebenso wenig wie eine verlässliche Personalausstattung mit einem kalkulierbaren Fachkräfte-Schlüssel. Die zu erwartenden Tarifsteigerungen würden ebenfalls nur zu 95 Prozent gedeckt.
Eine Ausweitung der Kita-Öffnungszeiten bleibt umstritten
Vor diesem Hintergrund blieb auch die geplante Ausweitung der Kita-Öffnungszeiten umstritten. Zudem wurden im neuen Gesetz die Sachkosten nicht neu berechnet. Wer also soll die steigenden Anforderungen an Fachberatung, Qualitätsmanagement oder Datenschutz finanzieren, hieß die offene Frage.
Ein weiterer Punkt kam an dem Diskussionsabend zur Sprache: NRW bildet mit seinen Kita-Gebühren einen Flickenteppich und damit Ungleichheiten. Mit 259 Euro pro Kind liegt Bottrop hier im Mittelfeld. Kritisiert wurde schließlich auch, dass die freien Träger nicht in die Verhandlungen zwischen Land und kommunalen Spitzenverbänden zu den Eckpunkten des neuen Gesetzes einbezogen wurden, ebenso wenig wie Elternvertreter.
Nachbesserungen eingefordert
Die Reform des Kinderbildungsgesetzes zog auch in anderen Städten der Region schon Kritik auf sich. Unter anderem haben die Kita träger in Herne als in Duisburg Nachbesserungen eingefordert.
Die KiBiz-Reform in NRW wird bis zum Jahr 2022 mit insgesamt rund 1,3 Milliarden Euro finanziert. Davon trägt der Bund 430 Millionen Euro, das Land NRW 490 Millionen Euro und die Kommunen rund 395 Millionen Euro.