Bottrop. Die „Nachtfrequenz19“ ging über die Bühnen und Spielorte des Bottroper Kulturzentrums. Die Figurentheatertage wurden gleich mit integriert.
Angesprochen sind Kids ab 14 Jahren. Aber es kommen an diesem Samstagabend auch viele jüngere gemeinsam mit ihren Eltern zur diesjährigen „Nacht der Jugendkultur“. Das Bottroper Team fährt ein überzeugendes Konzept: das Kulturzentrum wird auf allen Etagen mit allen Räumen, Fluren und Nischen genutzt. Geboten werden Tanz, Theater und Bühnenshows sowie Workshops. Zum Bespiel: Schauspieler in zehn Minuten – mit Zertifikat!
Viele Jugendliche tragen verrückte Luftballonkreationen mit sich herum. Darunter auch Mia, Stina und Carla. Der Typ, der die Ballonkunst macht, ist cool, da sind sie sich einig. „Wir haben uns Einräder gewünscht, weil wir alle Einrad fahren. Und in ein paar Minuten hat der uns drei Räder in Echtgröße gezaubert“, freuen sich die 13-jährigen Sportlerinnen.
Slammerin bietet schwere Kost an einem Abend mit Action und Spaß
Im „Spiele-Casino“ kann man eine „Virtual-Reality“-Brille ausprobieren, und die Hochschule Ruhr West lädt dazu ein, spielerisch am Mikrocomputer ‚Calliope‘ erste Programmierungsversuche zu machen. Im Erdgeschoss gibt’s Karaoke, und unterm Dach lässt eine Gruppe beim Trommelworkshop den Boden beben. Aber es gibt auch leise Töne: Als die Poetry Slammerin Lidia (19) ihren Text „Machtlos“ - eine Geschichte über den Tod eines geliebte Menschen - vorträgt, ist es ganz still im Raum. Harte Kost an einem Abend, an dem es vor allem um Action und Spaß geht. Ob das abschreckt? „Nein, gar nicht“, widerspricht Latifa (20). Sie fühlt sich eher ermutigt, beim nächsten Mal selbst mitzumachen. „Meine Texte sind auch nicht „alles easy“, sagt sie.
Zum ersten Mal ist das „Figurentheater Fithe“ mit dem Stück „Human Phantoms“ dabei. Auf der Bühne: zwei Plastikboxen, darin zwei Menschen aus Fleisch und Blut. Oder sind sie vielleicht eher Androiden? Und dann ist da noch ein Techniker, der hinter einer Glasscheibe am Schaltpult sitzt, im Schutzanzug und mit Gasmaske. Als der eine große Puppe auf die Bühne wirft, entwickelt sich nach und nach eine atemberaubende Geschichte. Denn diese Puppe, die mit beiden Menschen tanzt, spielt, flirtet und kämpft, birgt eine schreckliche Gefahr. Im Stück ist alles nur ein kurzes Experiment, in Tschernobyl und Fukushima war es entsetzliche Realität.
Tänzerisches Können und dramaturgisch überzeugend eingesetzte Filmsequenzen
Als die jungen Zuschauer nach dem Stück eingeladen werden, nach vorne zu kommen, um mit den Schauspielern zu diskutieren, beschreiben sie das Stück als verwirrend, krass, beunruhigend und spannend zugleich. Trotzdem trauen sich viele ihre Hand in den Kopf lebensgroßen Schaumstoffpuppe zu stecken und deren Gesicht für einen Moment zum Leben zu erwecken.
Das Stück entstand in Zusammenarbeit mit Duda Paiva (Niederlande) am Latvia Puppet Theatre in Riga und besticht durch tänzerisches Können ebenso wie durch dramaturgisch überzeugend eingesetzte Filmsequenzen von Originalschauplätzen, die auf der Leinwand hinter der Bühne ablaufen. „Wir freuen uns, dass ihr uns trotz später Stunde zugeschaut und mit uns über dieses wichtige Thema gesprochen habt“, verabschiedet sich die Tänzerin Olga Blank mit ihrem Partner Luiz Wennmachers, und gemeinsam mit der Puppe Olympia verbeugen sie sich vor ihrem jungen Publikum.
Feiern in 90 Städten
Die „Nachtfrequenz 19“ wurde am Samstagabend in ganz Nordrhein-Westfalen gefeiert. Die Veranstaltung besitzt nach zehn Jahren schon eine gewisse Tradition.
An der Nacht der Jugendkultur haben sich 90 Städte und Gemeinden beteiligt. Das Motto in diesem Jahr lautete: Von Jugendlichen für Jugendliche.