Bottrop-Kirchhellen. Zupfmusik war früher Sache der Arbeiter. Nach der Schicht probten sie in Kneipensälen. Das Jubiläumskonzert in Kirchhellen war ausverkauft.
100 Jahre Stadt Bottrop und 100 Jahre Zupfmusik in Bottrop. Beides galt es zu feiern, und das gelang gut. Denn das Zupforchester Kirchhellen begeisterte am Sonntagnachmittag im Saal des Brauhauses am Kirchhellener Ring mit einem abwechslungsreichen Programm das Auditorium. „Zechen, Zupfmusik, Zeitläufe“ lautete das Motto, das durch den musikalischen Abend führte. Das Konzert war restlos ausverkauft und bis auf den letzten Platz gefüllt. Auch Kulturdezernent Willi Loeven und Bezirksbürgermeister Ludger Schnieder waren anwesend.
Eigentlich gibt es das Zupforchester Kirchhellen in seiner heutigen Form erst seit 1973. „Die Zupfmusik ist aber eng mit der Arbeiterkultur des Ruhrgebietes verwoben“, erklärte Orchesterleiter Ingo Brzoska, der durch das Konzertprogramm führte. „Besonders die Mandoline war ein Instrument der Arbeiter. Man probte nach Schichtende in den Gesellschaftssälen der vielen Kneipen und Gaststätten, die es damals noch in einer Vielzahl in Bottrop gab“, erklärt Brzoska. 1922 wurde dann das erste „offizielle“ Zupforchester unter dem Namen Harfenklänge gegründet.
Vor allem Musik aus Italien war bei den Zupfmusikern beliebt
„Damals wurde ein bunter Mix an Kompositionen gespielt. Auch Operettenstücke und vor allem Musik aus Italien stand auf dem Plan.“, erklärte Brzoska dem Publikum. Solch ein italienisches Stück, genauer die „Poesia Alpestre“ von Komponist Silmone Salvesti, spielte auch das Zupforchester und konnte gleich zu Beginn die Zuhörer in den Bann ziehen. Das Zupforchester Kirchhellen stand auch nicht allein auf der Bühne. Es gab für die Kirchhellener Musiker kongeniale Unterstützung: zum einen durch das Landeszupforchester NRW „fidium concentus“ unter der Leitung von Dominik Hackner, zum anderen durch den Zupfinstrumentenbereich der Musikschule Gladbeck rund um Kristina Lisner.
Nicht nur klassische Musik wurde gespielt. Auch die Ragtimenummer „Filipino Shuffle“ konnte das Publikum begeistern. In der Akustik des großen Saals konnten sich die unterschiedlichen Klänge von Mandoline, Mandola, Gitarre und Kontrabass wunderbar entfalten. Ebenso imponierten die Zupfmusiker mit dem Violinkonzert a-Moll von Konrad Woelki.
Den Superhit der Cranberries gespielt
Woelki war ein deutscher Komponist und Mandolinist, der maßgeblich zur musikalischen Anerkennung und Etablierung der Zupforchester beitrug, indem er die ursprünglich von Laien gespielte Musik in den professionellen Bereich überführte. Ein passendes Stück also für die Zupfmusiker auf der Bühne, denen man die Leidenschaft und Freude für ihr Instrument deutlich ansah.
Das Solospiel übernahm dabei der albanische Violinist Alban Pengili, der für sein Violinenspiel bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. Zum Abschluss wurde dem Publikum noch mal richtig eingeheizt. Sängerin Julia Knorr-Urban wurde hinzugeholt, und es wurde mit Titeln wie „Zombie“ von „The Cranberries“ noch einmal richtig rockig. Für das abwechslungsreiche Spiel wurden die Musiker vom Publikum gefeiert und das zu Recht.