Bottrop. 1976 kam Michael Wolf den Bewohnern von Ebel mit der Kamera ganz nahe - und die ließen das zu. Nun sind die Bilder museumsreif - im Quadrat.
Vor über 40 Jahren erlaubten die Ebeler dem jungen Fotografen Michael Wolf, nicht nur ihre Kolonie, wie es damals noch hieß, sondern auch sie selbst, ihre unmittelbare Umgebung kurz: ihr Leben zu fotografieren.
Und der damals 23-Jährige fotografierte, was das Zeug hielt. Schließlich ging es um seine Examensarbeit an der Folkwangschule, betreut von keinem geringeren als Otto Steinert, selbst Fotografenlegende und berühmter Ausstellungsmacher der Nachkriegszeit, auf den die berühmte Fotografische Sammlung des Essener Museum Folkwang zurückgeht.
Original Vintage-Abzüge
Vier Jahrzehnte später sind Wolfs Arbeiten nun auch an ihrem Entstehungsort museumsreif. Zu sehen ist die Serie „Bottrop-Ebel 76“ - zum Teil in den originalen Vintage-Abzügen - ab morgen im Museum Quadrat. Und noch bis 3. März sind Fotoserien von Wolf auch in den Hamburger Deichtorhallen zu sehen.
Wer nun im Quadrat Wolfs Fotografien sieht, die den Beginn seiner Karriere markieren, spürt: Da war kein Durchreisender am Werk, der schnell das Milieu, die Arbeit oder Architektur „im Kasten“ haben wollte. Wolf nahm sich Zeit, knüpfte offensichtlich Kontakt zu den Ebelern, die ihm offensichtlich bald so vertrauten, dass sie ihn sogar in ihre Schlafzimmer blicken ließen.
So entstanden ebenso berührende, wie auch teilweise skurrile Arbeiten. Da pflegt eine alte Dame in Kittelschürze eine Greisin, die fast in den dicken Federbetten unterzugehen scheint, während über dem Bett Jesus als guter Hirte sich um seine Schafe kümmert. Szenen, wie es sie damals, im alten Revier, noch zu Hunderten gegeben haben mag.
Eines der wenigen Farbbilder zeigt ebenfalls ein Schlafzimmer, jedoch menschenleer, mit penibel gemachtem Bett, das mit Steppdecke, Kreuz und Heiligenbildern an der großgemusterten Wand beinahe wie ein Altar daherkommt.
„Religion, vor allem die katholische Kirche, war in dieser Zeit in Ebel noch absolut präsent, prägte das Leben, gab Struktur“, sagt Museumsdirektor Heinz Liesbrock. Kirche und Kneipe gehören in Wolfs Serie daher ebenso zusammen, wie Arbeit und Freizeit, jung und Alt, die sich damals die Straßen der Kolonie teilten. Gewerkschaftler im Panoramabus bei der Fahrt ins Blaue, Jugendliche mit Bierflasche und Mofa - alles auf engstem Raum, denn: Ebel ist eine kleine Insel - nicht nur zwischen Essen und Bottrop, sondern auch zwischen Emscher und Kanal.
Kooperation mit dem Ruhrmuseum
Vielleicht war es diese Lage, etwas abgeschnitten, und der gute Erhalt der Siedlungsarchitektur mit ihrem noch intakten Milieu, das damals vielerorts schon im Verschwinden begriffen war, ein Grund für Michael Wolf, die „Lebensbedingungen einer Bergmannssiedlung“ - so der Titel der Arbeit - gerade in Ebel zu dokumentieren.
Möglicherweise gibt der Fotograf bei der Eröffnung der Ausstellung am Sonntag selbst darüber Auskunft. Mit diesen konzentrierten Ansichten auf Architektur und Lebenswelt, die selbst in unmittelbarer Nähe eine vorsichtige Distanz zu wahren scheinen, setzt das Museum seinen seit vielen Jahren gepflegten Schwerpunkt Fotografie eindrucksvoll fort.
Und: „Michael Wolf hat nicht bei uns angeklopft, obwohl er immer gerne in Bottrop ausstellen wollte, wir haben bei ihm angefragt“, so Museumschef Heinz Liesbrock. Wolf habe die Auswahl der gezeigten Bilder getroffen, auch der historischen Fotografien aus Ebel, die in den 30er bis 50er Jahren entstanden sind. Alle Arbeiten, vor allem auch die Serie „Bottrop-Ebel 76“ sind heute im Besitz der umfangreichen Fotografischen Sammlung des Ruhrmuseums.
Eröffnung und erster Langer Donnerstag
Die Eröffnung der Ausstellung „Michael Wolf. Bottrop-Ebel 76“ beginnt Sonntag, 24. Februar um 11.30 Uhr im Museum Quadrat, Im Stadtgarten 20, 46236 Bottrop. Erstmals gibt es am 28 .Februar den Langen Donnerstag mit einer Führung um 17 Uhr und Öffnungszeit bis 19 Uhr. Den Bildband der Serie (Peperoni-Verlag) gibt es im Museum. Mehr Infos auf: www.quadrat-bottrop.de