Bottrop. . Evangelisch oder katholisch: Die Kirchenaustritte verharren seit Jahren auf niedrigem Niveau. Doch der Trend geht hin zu weniger Mitgliedern.

Die Zahlen der Kirchenaus- und -eintritte bleiben in Bottrop seit mehreren Jahren mit leichten Schwankungen auf demselben Niveau. Die Gründe, aus der Kirche auszutreten oder auch wieder den Weg zu ihr zu suchen, seien so vielfältig wie die Menschen selbst, erklären die Vorsitzende des evangelischen Presbyteriums, Anne Hanhörster, und der katholische Propst Jürgen Cleve. Beide entdecken jedoch Motive, die offenbar gewichtiger sind als andere. Da fielen politische Entscheidungen wie Steuererhöhungen oder Schlagzeilen über negative Ereignisse wie Missbrauchsfälle auf.

Identifikation mit der Gemeinschaft

Vorsitzende des evangelischen Presbyteriums, Pfarrerin Anne Hanhörster.
Vorsitzende des evangelischen Presbyteriums, Pfarrerin Anne Hanhörster. © Thomas Gödde

Die evangelische Kirchengemeinde zählte im vergangenen Jahr rund 24.000 Mitglieder. 181 Personen haben die Glaubensgemeinschaft verlassen, 27 sind hinzugekommen, darunter 18 im Wiedereintrittsverfahren. Ein Jahr zuvor waren es 152 Menschen, die der Kirche den Rücken gekehrt hatten. 34 Gläubige waren hinzugekommen, darunter 21 Rückkehrer.

„Das sind keine Zahlen, bei denen wir zittern müssen. Trotzdem sind wir natürlich um jedes Mitglied traurig, das uns verlässt. Auf lange Sicht werden wir aber wohl immer weniger werden“, fürchtet Anne Hanhörster. Gegenwärtig stellt sie fest, dass vielen Menschen die Kirchensteuer zu hoch sei, zumal die Konjunktur gut laufe. Einige könnten sich mit der Gemeinschaft nicht identifizieren; sie hätten keinen persönlichen Anschluss zur Gemeinde gefunden und ließen Angebote ungenutzt, bei denen Kontakte entstehen könnten. Wieder andere hätten beschlossen, einzelne Hilfsprojekte wie etwa die Suppenküche Kolüsch zu unterstützen, als einen Gesamtbetrag für die Kirche zu zahlen.

Glaube von Austritt unberührt

„Der Austritt hat in vielen Fällen nichts mit einer Abwendung vom Glauben zu tun“, ist Pfarrerin Hanhörster überzeugt. Grundsätzlich hätten die evangelisch Getauften eine lockerere Bindung an ihre Kirche als die Katholiken. „Die Menschen haben ein anderes Kirchenverständnis. Wir machen nun mal als Kirche nicht selig.“

Bottrops Propst Dr. Jürgen Cleve.
Bottrops Propst Dr. Jürgen Cleve. © Joachim Kleine-Büning

Ähnlich stabil wie auf der evangelischen geht es in Bottrop auf der katholischen Seite zu. Das Bistum Essen hat die Zahlen für das Jahr 2018 noch nicht veröffentlicht, doch liefert die Statistik 2017 einen Eindruck. Danach zählte die Pfarrei St. Cyriakus zuletzt 20.322 Mitglieder und die Pfarrei St. Joseph 21.251 Mitglieder. Jeweils vier Menschen waren in beiden Großpfarreien eingetreten, wogegen in St. Cyriakus 114 und in St. Joseph 108 Mitglieder austraten.

Respekt vor jeder Entscheidung

„Es gibt drei auffällige Begründungen, die Kirche zu verlassen“, meint Propst Jürgen Cleve. „Die persönliche Ebene, die Gesamtstimmung in der Kirche sowie die eigenen finanziellen Mittel.“ Ausschlaggebend sei die persönliche Begegnung mit der Kirche, bei der es zu Zufriedenheit oder auch zu Ablehnung kommen könne. „Ich habe vor jedem Menschen Respekt, der in dieser Situation eine Entscheidung für sich trifft.“