Bottrop. Die Doku-Serie über Ebel, die Fotograf Michael Wolf 1976 als Examensarbeit einreichte, ist bald im Museum Quadrat zu sehen, das Milieu vergangen.
Die Fotografische Sammlung des Ruhrmuseums auf dem Essener Welterbe Zollverein zählt zu den größten und wichtigsten ihrer Art. Mit gut zwei Millionen Negativen, Tausenden von Dias und Abzügen ist sie das Bild-Gedächtnis der Region. Mitte der 1970er Jahre machte der heute renommierte Fotograf Michael Wolf mit seiner Examensarbeit über Ebel von sich reden.
Etwa 300 Fotografien entstanden 1976 in der alten Industriesiedlung, die zwischen Kanal und Emscher gelegen zwar zu Bottrop gehört, aber dennoch ein Eigenleben führt. Genau das faszinierte Michael Wolf anscheinend schon damals. Ab Februar sind Teile dieser Serie des heute in Hongkong und Paris lebenden Fotografen im Museum Quadrat zusehen.
Strenge Architektur - pralles Leben
Als Student reichte der Fotograf, der später mit seinen Arbeiten über das „Leben in Megacities“ bekannt wurde, diese klassisch-regional daherkommende Sozialdokumentation zum Examen an der damaligen Essener Folkwangschule ein - und zwar bei niemand anderem als Otto Steinert, der Fotografenlegende der Nachkriegszeit, auf den die zweite große Foto-Sammlung der Region - die des Museums Folkwang - zurückgeht. Wolf übergab seine Fotografien später der Fotosammlung des Ruhrlandmuseums, dem heutigen Ruhrmuseum.
Der Fotograf wusste, wohin er damals in Ebel schauen musste. Da ist die geordnete Siedlungsstruktur, aufgelockert durch den Schornsteinfeger mitten auf der autofreien Straße. Der Fotograf blickte in Hinterhöfe und die Wohnküchen, wo zum Teil bis in die 70er Jahre noch Zinkwannen für das wöchentliche Bad stehen. Er beobachtete die rauchenden, langhaarigen Jugendlichen mit Bierflaschen neben ihren Mofas, alte Männer mit ausgebeulten Sakkos vor dem Büdchen oder ein beinahe melancholisch daherkommendes tanzendes älteres Paar in der Ebeler Kneipe, die - gäbe es sie noch - heute wohl unter Denkmalschutz stehen würde.
Die Bewohner gewährten Einblicke in ihre Häuser, aber auch die Gärten und Ställe, in denen 1976 vereinzelt noch gemästete Schweine geschlachtet werden. Die Knappengarde zieht durch die Straße oder steht Spalier für eine Braut auf dem Weg zur Matthias-Kirche, die heute, 43 Jahre später, ebenso geschlossen ist, wie der Lebensmittelladen, die Drogerie oder die Metzgerei. Eben „Bottrop-Ebel 76“.
Michael Wolf gelingt in seiner Serie der Spagat zwischen strenger Architekturfotografie und dem Schwelgen in tatsächlicher oder vermeintlicher Idylle und öffnet so - bald auch im Museum - einen prallen Blick auf Geschichte und Lebensgefühl eines Ortes, der - obwohl stark verändert - vielen bis heute Heimat ist.
Ausstellungen in Bottrop und Hamburg
Die Ausstellung „Michael Wolf. Bottrop-Ebel 76“ ist vom 23. Februar bis 19. Mai im Josef Albers Museum Quadrat, Im Stadtgarten 20, 46236 Bottrop zu sehen. Bis zum 3. März sind im Haus der Fotografie der Hamburger Deichtorhallen zwölf Serien und eine Wandinstallation von Wolf zu sehen: „Life in Cities“. Der Bildband „Bottrop Ebel 76“ ist im Peperoni-Verlag erschienen (40 Euro).