Kirchhellen. . Vor dem 100. Jahrestag des Spartakistenaufstands im Februar 1919 gibt es erneut die Forderung nach Umbenennung der Loewenfeldstraße

Vor den 100. Jahrestagen der Revolutionsjahre 1919 und 1920 hat eine neue Debatte um die Rolle der Freikorps begonnen. Wilfried von Loewenfeld (1879 bis 1946) war Führer eines Freikorps, das im April und Mai 1920 in Kirchhellen und Bottrop die „Märzrevolution“ blutig niedergeschlagen hat. In Kiel soll der Rat entscheiden, ob sein Ehrengrab aufgehoben wird.

Antrag an die Bezirksvertretung

Auch die Bezirksvertretung Kirchhellen soll sich erneut mit der Benennung der Loewenfeldstraße an der Bezirkssportanlage nach dem umstrittenen Freikorps-Führer befassen. Per Bürgerantrag will Sahin Aydin eine Umbenennung erreichen in „Alois-Fulneczek-Straße“ Aydin hat eine Biografie des Maurers und Bergarbeiters verfasst, der als einer der Bottroper Verhandlungsführer beim Spartakistenaufstand gilt.

Wer war Alois Fulnezek?

Am 19. Februar 1919 hatten Spartakisten-Truppen Bottrop besetzt und das Rathaus belagert, nachdem Bürgerwehr-Einheiten die spartakistische Streikbesatzung der Zeche Prosper 1 in Ebel überrumpelt hatte. Am 23. März beendete ein „westfälisches Freiwilligenkorps“ den Aufstand: Ein Ende des Generalstreiks und ein Waffenstillstand seien ausgehandelt worden, berichtet Heimatforscher Josef Bucksteeg in seiner Dokumentation „Roter Terror und weißer Schrecken. Die Revolutionsjahre 1919 und 1920 in Bottrop“.

An diesem Tag starb auch der Fuhlenbrocker Spartakisten-Verhandlungsführer Fulnezek (diese Schreibweise findet sich in seiner Todesanzeige in der „Bottroper Volkszeitung“. Er wurde „auf der Flucht erschossen“, berichtet die Volkszeitung Bucksteeg hält diese Darstellung für unglaubwürdig und beruft sich auf das Standesamtsregister, dem zufolge Fulnezek am 23. Februar 1919 im Gerichtsgefängnis gestorben ist: „Wurde Fulnezek in der Gefängniszelle erschossen oder erschlagen? Darauf gibt es bis heute keine Antwort.“

Wer war Wilfried von Loewenfeld?

Mit diesen Vorgängen hatte Loewenfeld nichts zu tun. Er war Kommandeur einer 1919 ins Leben gerufenen Marinebrigade , die sich im März 1920 am „Kapp-Putsch“ beteiligt hatte. Im April und Mai 1920 soll die Einheit mit einem Panzerzug erst Kirchhellen und dann Bottrop besetzt haben und dabei für den Tod von 257 Menschen verantwortlich gewesen sein.

Aufarbeitung der Revolutionsjahre in Bottrop

Nicht nur wegen des Streits um die Loewenfeldstraße gibt es schon lange Forderungen nach einer Aufarbeitung der Ereignisse in Bottrop.

Die ist in Arbeit, sagt Heike Biskup, Leiterin des Stadtarchives: Rene Hoffmann verfasst eine Dissertation, in der es auch um die heutige Wahrnehmung der damaligen Vorgänge geht.