Bottrop. . Vier Hände, vier Füße: Das Duo Markus und Pascal Kaufmann brillierte bei beim Bottroper Festival mit Bearbeitungen berühmter Werke.

Orgel-Fans wissen: Ein gutes Instrument ist in der Lage, ein ganzes Orchester zu ersetzen. Da lagen die Brüder Markus und Pascal Kaufmann mit der Wahl der Rensch-Orgel, dem Ausgangspunkt für das heutige Festival vor gut 30 Jahren, goldrichtig. Im Gepäck hatten die jungen Sachsen, Jahrgang 1991 und 1993, nämlich Bearbeitungen bekannter Werke, die die wohl bekanntesten tschechischen Komponisten Antonin Dvoràk und Bedrich Smetana eigentlich für großes Orchester komponiert hatten.

Klangfarben erhalten

Geschickt bearbeitet und versiert gestaltet, verlieren Dvoràks Slawische Tänze oder Smetanas unverwüstliche Tondichtung „Die Moldau“ nichts an

Blick in die Rensch-Orgel der Herz Jesu-Kirche.
Blick in die Rensch-Orgel der Herz Jesu-Kirche. © Heinrich Jung

Klangfarben oder ihrer volkstümlichen Vielgestaltigkeit. Bei den Kaufmann flirren die Flöten, Prinzipale, Mixturen aber auch exotischere Orgelstimmen wie Gambe, Aeoline oder eine Harmonia aetheria – in Herz Jesu gibt’s die – durch die weite Halle. Das bekannte Anfangsthema der Humoreske „flötet“ vom Rückpositiv der Orgel direkt ins Publikum.

Mit beinahe fliegendem Registerwechsel, wirbelnden Händen und Füßen erwecken die Kaufmanns die in der Moldau angelegte romantische Szenerie zum Leben. Die Stromschnellen, der Tanz der Bauern, die alten Burgen hoch über dem Flusstal: Mit geschickten Staffelungen der Dynamik, rasanten Registerwechseln und einer straffen, ebenso frischen wie zupackenden Interpretation, die übrigens den gesamten Abend prägt, lassen die Solisten ein Orchester überflüssig erscheinen.

Leinwand gewährt Einblicke ins komplexe Geschehen

Die Arbeit am Instrument können die zahlreichen Besucher auch vom Kirchenschiff aus direkt miterleben. Eine Leinwand vor dem Altar gewährt zeitweise Einblicke in das komplexe Geschehen an Pedal und vier Manualen. Mechanisch und elektronisch lassen sich auch an der Orgel „Stimmungen“ vorprogrammieren, zwischendurch müssen aber immer wieder Register von Hand gezogen werden. Ein guter Einblick in den komplexen Arbeitsplatz Orgel.

Zwischendurch moderieren die Kaufmann-Brüder von der Empore, erzählen von ihrem berühmten Vorgänger Edwin Lemare, dessen Dvoràk-Bearbeitungen sie vorstellten. Aber auch das tragische Leben Smetanas, das wie bei Beethoven in Taubheit endete, skizzieren die Orgelvirtuosen, bevor Pascal Kaufmann seine eigene Improvisation „Im Böhmerwald“ vorstellt. Ein im hochromantischen Duktus gearbeitetes Tongemälde. Naturalismus und Waldseligkeit lassen virtuos grüßen. Der Applaus ist groß. Dann gibt es noch einmal die „Humoreske“ – dieses Mal in ganz anderer Registrierung und neuen Klangfarben. Wer braucht schon ein Orchester, wenn es eine große Orgel gibt…

So geht das Festival weiter

Am Freitag, 11. Januar, spielen um 20 Uhr die Preisträger der Internationalen Orgelwoche Nürnberg, Kensuke Ohira und Mami Nagata, ebenfalls Werke zu vier Händen.

Im Mittelpunkt steht dann Bottrops größtes Instrument, die Seifert-Postill-Orgel in Liebfrauen auf dem Eigen. Eintrittskarten zu 12 (10) Euro an der Abendkasse.