Auf der letzten deutschen Steinkohlenzeche liegt nun der Deckel. Ein Schlag für Bottrop, aber kein Grund zur Resignation.

Noch einmal richteten sich alle Blicke auf Bottrop, auf die Stilllegung der letzten deutschen Steinkohlenzeche. Aber die Karawane zieht weiter. In ein paar Monaten wird außerhalb der Stadt kaum jemand mehr von Prosper-Haniel sprechen. Selbst hier bei uns werden sich die Wogen glätten.

Im Jahr der Schließung waren sie aus gutem Grund hoch gegangen. Manchmal auch überbordend. Das hat seinen Grund, denn nichts prägte diese Stadt mehr als 200 Jahre Bergbau. Er war der Wachstumsmotor, der Arbeitgeber, der Raumplaner.

Erste Weichen gestellt

Seine Erfordernisse formten das Verhalten der Menschen, die von und mit ihm lebten. Sie entwickelten Tugenden, die über das Revier hinaus geachtet werden und unter Stichwörter wie Zuverlässigkeit, Geradlinigkeit, Toleranz oder die Bereitschaft, zuzupacken fallen. Eigenschaften, die bei der Bewältigung des anstehenden Umbruchs sehr willkommen sind.

Kaum eine andere Stadt steht derart unter dem Zwang, sich zu wandeln, wie Bottrop. Und das nicht erst seit heute. Zwei wichtige Entscheidungen haben aber bereits Weichen für die Zukunft gestellt: die Ansiedlung der Hochschule und Innovation City, ein ökologischer Feldversuch am lebenden Objekt. Im Endeffekt wird die Lebensqualität in einer bereits gebauten Stadt messbar angehoben. Ein inzwischen weltweit gefragtes Produkt. Der dritte große Faktor kommt wieder aus dem Bergbau. Es sind die Flächen, die in den kommenden Jahren zur Verfügung stehen werden. Auf ihnen lässt sich Zukunft gestalten. Manchmal sogar, indem Stadtgrenzen wegradiert werden, so wie es Bottrop und Essen gerade mit der Gebietsentwicklung „Freiheit Emscher“ im Süden der Stadt tun. Und dann ist da noch das Generationenprojekt Emscher-Umbau, der zwar nicht hier erdacht wurde, aber zu einem bedeutenden Teil hier stattfindet, ebenfalls Lebensqualität erzeugt und die Attraktivität des Standorts stärkt.

Vertrauter Prozess

Bei aller Zuversicht, die Stilllegung der letzten Zeche ist kein Pappenstiel. Es fehlen jetzt 4500 Arbeitsplätze, es ist der Auftraggeber für die industrielle Peripherie eines Bergwerks weggebrochen. Das sind Folgen politischer Beschlüsse. Man wollte raus aus den Subventionen und raus aus der Kohleverstromung. - Kohle wird weiterhin verstromt. Nur kommt sie nicht mehr aus Deutschland, nicht mehr aus Bottrop.

Damit wird diese Stadt noch so manches Mal konfrontiert werden. Zweifellos auch mit den Hinterlassenschaften des Bergbaus und seinen Ewigkeitslasten. Darüber könnte man dann jammern. Aber das entspricht nicht dem Charakter der Menschen in dieser Region. Die sind anders geprägt. Sie verändern die Dinge. Das nennt man Strukturwandel. Ein vertrauter, anhaltender Prozess.