Bottrop. . Historischer Spaziergang: Eigener Jungen und ein Zugereister aus Berlin erkunden ihren Stadtteil. Und sie lernen: Denkmäler prägen den Eigen.
Man kann es einen historischen Spaziergang auf dem Eigen nennen oder auch „Europa in Westfalen“. So heißt ein Projekt der Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) im Rahmen des Europäischen Kulturerbe-Jahres 2018. Aber „Europa ist sehr abstrakt“, wie es Dr. Oliver Karnau vom LWL beschreibt. „Wir wollen zeigen, dass die Denkmäler Westfalens auch die Geschichte Europas erzählen.“ Dabei gehe in Bottrop die Geschichte eher von den „kleinen“ Leuten aus, hier könne man vor Ort sehen, wie die Stadt durch Zuwanderer gewachsen sei.
Daran erinnerte auch Bernhard Schürig von der Historischen Gesellschaft Bottrop, der in der Liebfrauenkirche an die Ursprünge der Bottroper Stadtentwicklung, die starke Zuwanderung durch den Steinkohlebergbau und die katholische Prägung der Zuwanderung erinnerte. Auf einem Spaziergang wolle man „alles Wesentliche kennenlernen, dass im Eigen unter Denkmalschutz steht.“ Zu den Einladern der Veranstaltung gehört auch die Initiative „Rettet Liebfrauen“, die sich für die Erhaltung des denkmalgeschützten Gotteshauses einsetzt: „Wir versuchen die Kirche offen zu halten“, berichtete Silke Wollbrink.
Zuwanderer machten den Ort groß
Zu den Teilnehmern am Spaziergang gehörten Leute mit den unterschiedlichsten Beweggründen. Gregor Geilich etwa ist ein Eigener Junge, der im „Schatten vom Eigener Dom“ groß geworden ist und sich für seinen Stadtteil interessiert. Aus Berlin ist Alexander Langer nach Bottrop gezogen und „um den Kulturschock abzumildern, versuche ich die Stadt kennen zu lernen.“ Auch Jugendliche der Caritas-Wohngruppe „Mee(h)rblick“ beteiligten sich mit Erzieher Kevin Kalla an dem Rundgang. Die Jugendlichen sollten bewusst ihren Stadtteil erleben und sehen: „Wo leben wir eigentlich?“
Der Spaziergang in die Vergangenheit des Stadtteils führte am Nordring von der Liebfrauenkirche aus am Hof Große-Wilde vorbei zum Gut Schlangenholt. Die früheren Eigentümer des Herzogtums Kleve hatten sich diesen Stadtteil als ihr „Eigen“ reserviert und diese Bezeichnung gab dem Stadtteil seinen jetzigen Namen wie Gaby Erdmann anhand einer alten Mercator-Karte erklärte. Vom Pestkreuz aus dem 18. Jahrhundert an der Volksbank auf der Gladbecker Straße führte der Spaziergang zur „Kolping Siedlung“ Wildenhoff, deren Name auch auf den Hof(f) Große-Wilde hinweist.
Gedenktafel erinnert an Bombenangriff auf Schule
Der letzte Teil des Rundganges durch den Eigen berührte den eher unrühmlichen Teil der Geschichte des letzten Jahrhunderts. Neben dem ins Auge fallenden Bunker am Eigener Markt erinnert auch an der Buchenstraße eine Gedenktafel an der Paulschule an die Bottroper Bürger, die beim Bombenangriff in der Freiherr-von-Vincke- Schule ums Leben kamen. Auf dem Friedhof am Nordring gibt es eine Reihe von Gräbern unbekannter russischer Soldaten mit einem Gedenkstein in kyrillischer Schrift. Die Gräber der ehemaligen Kriegsgefangenen waren früher versteckt und abgedeckt, während die Gräber der deutschen Gefallenen zentral liegen, was auch laut Gaby Erdmann eine gewisse Wertigkeit ausdrückte.