Bottrop. . Mit einem Familienfest wird der Geburtstag der Anlage gefeiert. Sie ersetzte 1928 kleinere Kokereien. Probleme werden offen angesprochen.
Seit 90 Jahren wird in Bottrop Koks gebacken. Ein Jubiläum, das Arcelor Mittal als Besitzer der Kokerei Prosper am Samstag mit Mitarbeitern, Anwohnern und allen Interessierten gefeiert hat. Auf dem Parkplatz vor der Kokerei waren zahlreiche Attraktionen insbesondere für Kinder aufgebaut, außerdem wurden Bustouren durch das Werk angeboten.
Spektakulärer Blick von oben
Wer wollte – und schwindelfrei war – konnte sich das Ganze auch aus der Höhe ansehen. Ein Hubsteiger brachte die Besucher auf rund 45 Meter Höhe. Denjenigen, die sich gut gesichert dort hinauf trauten, bot sich ein spektakulärer Ausblick. Nicht nur die Kokerei bot aus luftiger Höhe seltene Einblicke, auch die Schalke Arena, der Gasometer Oberhausen und andere Landmarken der Region rückten so nahe.
Kleiner Wermutstropfen: Richtig voll war es auf der Feier nicht. Vorteil für diejenigen, die da waren: Die Warteschlangen blieben überschaubar. Doch das Fest hätte eindeutig mehr Besucher verdient gehabt.
Erste Zentralisierung im Bergbau schon vor dem Krieg
1928 wurde die Kokerei an dem Standort an der Prosperstraße gegründet. Und wenn man so will, war das schon ein erster Schritt hin zur Zentralisierung im Bergbau. Entstanden doch zu jener Zeit insgesamt 17 Zentralkokereien in der Region, die viele andere Kleinanlagen ersetzen sollten. 1928 schon waren vier Batterien mit insgesamt 45 Öfen in Betrieb und erzeugten eine Million Tonnen Koks pro Jahr. 1936 bis 1942 folgte dann der Ausbau zur damals größten Kokerei im Ruhrgebiet. In insgesamt 315 Öfen wurden täglich 5000 Tonnen Koks gebacken.
Im Krieg war dann auch die Kokerei das Ziel alliierter Angriffe. 1946 waren die größten Schäden beseitigt und die Produktion lief mit zunächst einer Batterie wieder an. Ab 1954 waren dann wieder acht Batterien mit je 45 Öfen in Betrieb. In den 1980er-Jahren wurde die Anlage umfassend modernisiert, zudem werden Umweltschutz- und Arbeitssicherheitsaspekte immer wichtiger.
1,9 Millionen Tonnen Koks pro Jahr
Ein weiterer großer Einschnitt ist dann die Übernahme durch den Stahlkonzern Arcelor Mittal im Jahr 2011. Heute ist die Bottroper Kokerei Teil von Arcelor Mittal Bremen. 1,9 Millionen Tonnen Koks verlassen Jahr für Jahr das Bottroper Werk, gut ein Drittel davon, so Geschäftsführer Jörn Pufpaff, würden im Bremer Stahlwerk von Arcelor Mittal verarbeitet. Der Rest in den Schwesterwerken im europäischen Ausland. „Wir sichern hier mit unserer Arbeit 5000 Arbeitsplätze“, so Pufpaff selbstbewusst. Dazu zählt er die rund 650 Mitarbeiter – eigene und von Fremdfirmen – am Standort Bottrop sowie die der Kollegen am Standort Bremen.
Reiner Blaschek, Vorstandsvorsitzender von Arcelor Mittal Bremen, bekräftigte, dass die Übernahme 2011 eine strategische Entscheidung war. „Wir wollten unabhängig werden von externem Koks. Wir freuen uns außerdem, diese Historie hier weiterführen zu können.“
Verantwortung für die Nachbarn
Der Landtagsabgeordnete Thomas Göddertz (SPD) nannte die 90 Jahre Koksproduktion in Bottroper eine „Erfolgsgeschichte“. Sie sichere hunderte gut bezahlte Arbeitsplätze, die zu einer hohen Wertschöpfung beitragen. Er verhehlte nicht die aktuellen Probleme, die seit einiger Zeit auftreten. Anwohner in Welheim und Batenbrock klagen über Staub. Göddertz kennt das aus eigener Erfahrung, er wohnt nahe der Kokerei in Batenbrock. „Jeder hat das Recht, sein Haus, seinen Garten, ganz einfach sein Zuhause ohne Einschränkung nutzen zu können.“ Er sei überzeugt, dass die Kokerei alles dafür tue.
Auch Jörn Pufpaff ging offen auf die Probleme ein. Die Zielsetzung von Kokerei und Nachbarschaft sei dieselbe, versicherte er. Man sei dabei, das Erscheinungsbild zu verbessern, um ein „wohlakzeptierter Betrieb für die Nachbarschaft“ zu sein. Der Geschäftsführer von Arcelor Mittal Bremen Reiner Blaschek stellte klar. „Wir sind uns der Verantwortung für die Nachbarschaft und das Umfeld bewusst.“