Bottrop. . Landschaftsarchitekt und Stadtplaner Peter Drecker erklärt, wie Städte sich auf extremes Wetter einstellen können. In Bottrop sieht er Potenzial.
Zum Interview hat Peter Drecker in seinen Firmensitz nach Kirchhellen eingeladen. Das alte Amtshaus der Gemeinde ist auch nach den Hitzetagen angenehm kühl. Dicke Wände, begrünte Fassaden und die großen Bäume rundherum tun ihre Wirkung. Wie man mit Hilfe der Stadtplanung auch heiße Sommer in einer Stadt erträglich machen kann und wie auch einfache Mittel Abhilfe schaffen können, erklärt der 65-jährige Landschaftsarchitekt und Stadtplaner im Gespräch mit WAZ-Redakteur Matthias Düngelhoff.
Zur Person
1981 hat der Kirchhellener Peter Drecker sein Büro in Kirchhellen gegründet. Inzwischen betreibt er zusätzliche Büros in Hannover und in Haale an der Saale.
Für ihn arbeiten 37 festangestellte und 10 freie Mitarbeiter. Unter anderem berät er seit Jahren die Stadt Wolfsburg.
Außerdem hat er sich lange im Landschaftsbeirat in Bottrop engagiert, war auch dessen Vorsitzender.
Was kann man tun, um heiße Sommer in den Städten erträglicher zu gestalten?
Peter Drecker: Stadtplanung kann den Klimawandel nicht aufhalten, aber moderne stadtplanerische Lösungen können die Auswirkungen des Klimawandels erträglicher gestalten. Und wichtig ist es, da vor allem die Wärmeinseln im Blick zu haben. Die entstehen aufgrund der Kombination von Sonneneinstrahlung und dem verwendeten Material. Vor allem Beton und Asphalt tragen zur Entstehung bei. Deshalb sollte man Frischluftschneisen schaffen und Pflanzen und Wasser in die Städte zu holen. Städte, die sowieso schon am Fluss liegen, haben die besten Chancen, weil dort die entsprechende Zugigkeit gegeben ist und damit Abluft.
Wie lässt sich das auf Bottrop übertragen?
Mit den großen Grünflächen, die mit dem Stadtgarten ja quasi bis an die Innenstadt heranreichen, sind die Voraussetzungen auch hier nicht schlecht. Sie sollte man nutzen. Man kann das Grün entlang der Straße verlängern und bis in die Innenstadt ziehen. Über solche Baumachsen und Alleen lässt sich die Stadt durchlüften. Diese grüne Infrastruktur muss entwickelt, beziehungsweise weiterentwickelt werden. Dazu gehört ja beispielsweise auch der Volkspark Batenbrock. Und auch das Thema Wasser ist wichtig.
Inwiefern?
Es sorgt für Kühlung. Und wenn man sich die Topographie der Fußgängerzone vor Augen führt, mit dem Gefälle vom Pferdemarkt runter, so sollte es doch möglich sein, hier einen Wasserlauf anzulegen. Wichtig ist, dass er nicht zu schnell fließt und eine gewisse Rauigkeit gegeben ist. Es muss nicht einmal tief sein, es kann reichen, einige Platten nur um wenige Zentimeter tiefer zu legen (Drecker skizziert ein solches Wasserspiel, Anm. d. Redaktion). Man kann aber auch mit einer gewissen Leichtigkeit an das Thema herangehen. In Ljubljana habe ich einen Platz gesehen, auf dem permanent ein Wassernebel versprüht wurde. Für Kinder ein Riesenspaß. Das dürfte nicht so schwierig zu bauen sein, und man könnte es ja auch zeitsteuern. Es muss nicht permanent diese Gischt gespritzt werden.
Noch einmal zu den Bäumen. Gerade wenn wieder welche gefällt werden, wird das Thema emotional.
Es gibt stadtpolitische Interessen, die sich an Bäumen festmachen. Selbstverständlich sollte man jeden Baum halten, aber ich glaube auch, dass man da langfristig denken muss. Jeder Baum erfüllt eine Funktion. Das war schon damals vor 50 Jahren so, als viele gepflanzt wurden. Um diese Zeit entstanden überall im Ruhrgebiet, vor allen an Zechen, die Platanenalleen, weil sie in die damalige Kleinklimasituation passten. Man musste mit dem Staub in der Luft klar kommen.
Hitzesommer sind nicht das einzige Problem.
Richtig. In dem Zusammenhang muss man immer einen Dreiklang sehen: Nach der Hitze kommen Starkregen und Sturm. Auch darauf sollte man sich vorbereiten und vor allem Sammelflächen für Wasser einplanen. Die können auch andere Funktionen erfüllen. In Dortmund haben wir einen Sportplatz geplant und einige Zentimeter tiefer gelegt. Dort kann sich jetzt bei Starkregen Wasser sammeln und dann langsam abfließen. Solche multifunktionalen Ansätze werden immer wichtiger. Ich kann mir auch vorstellen, eine Straße mit Gefälle nur in eine Richtung zu planen. Dort stehen dann Bäume, die das Wasser entsprechend aufnehmen. Wir müssen uns an diese Veränderungen anpassen und auch über ungewöhnliche Ansätze nachdenken.
Wird man auch anders bauen müssen?
Sicherlich muss man über die Ausrichtung der Gebäude nachdenken. Die Frage ist auch, ob weiterhin so große Glasfassaden gebaut werden sollten. Wahrscheinlich kommt man irgendwann weg davon, setzt eher auf kleinere Fenster und auf Ziegel anstelle von Putz.
Inwiefern verändern sich die Pflanzen?
Gerade in den Städten werden künftig eher klimaresistente Pflanzen benötigt, die mit weniger Wasser auskommen und Abwärme von unten vertragen. Doch das ist sicher eine langfristige Entwicklung. Bei all dem muss man im Kopf behalten: Die Menschen leben in der Stadt, für sie muss es letztlich passen.