Botttrop. . Leser besichtigen das große Deichmann-Distributionszentrum in Bottrop. Bunte Schuhkartons gibt es auf den 25 000 Quadratmetern nicht zu sehen.

Da könnte einem glatt schwindlig werden – so in zehn Metern Höhe, knapp unter dem Hallendach und mit Blick auf die sich drehenden und windenden Förderbänder. „Wie ein Karussell“, sagt einer der WAZ Leser mit Blick auf die Bänder und die zahllosen braunen Pappkartons, die darauf ihre Runden drehen und wie von Geisterhand von einem der sogenannten „Pusher“, einer hydraulischen Metallplatte, auf eine andere Bandstraße gedrückt werden – vollautomatisch und computergesteuert.

Über die Förderbänder laufen die Pakete und werden sortiert. Dafür lesen Scanner den Strichcode
Über die Förderbänder laufen die Pakete und werden sortiert. Dafür lesen Scanner den Strichcode © Thomas Gödde

Staunend stehen die WAZ-Leser auf der schmalen Brücke über den Bändern und beobachten die tausenden Schuhkartons, die hier durch das Bottroper Deichmann-Lager geschleust werden. Hier ist gerade Hochsaison, die Winterware trifft ein, wird sortiert und steht bereit für die Auslieferung in die Filialen. Andreas Gessner, der Leiter der Logistik bei Deichmann führt die Besucher durch die Hallen. Auf insgesamt 25 500 Quadratmetern arbeiten hier 140 Mitarbeiter und sorgen dafür, dass immer genügend und auch die richtigen Schuhe in den Filialen landen.

Eines von zehn eigenen Logistikzentren

„Wenn hier alles voll ist, lagern hier 2,2 Millionen Paar Schuhe“, erläutert Gessner und deutet auf die meterlangen und meterhohen Regale, die Platz bieten für zig Paletten. Und in Bottrop steht nur eines von zehn Logistikzentren, die der Essener Konzern in Deutschland betreibt, hinzu kämen vier, die von Dienstleistern betrieben werden.

Für die WAZ-Leser öffnet Andreas Gessner einen Karton. Darin sind die Schuhe fertig verpackt in verschiedenen Größen für die Filialen.
Für die WAZ-Leser öffnet Andreas Gessner einen Karton. Darin sind die Schuhe fertig verpackt in verschiedenen Größen für die Filialen. © Thomas Gödde

Überrascht sind die Besucher dann doch davon, wie viel manuelle Arbeit noch nötig ist. So müssen sämtliche Container, die am Lager ankommen, von Hand ausgeladen werden. Am Ende eines Arbeitstages, so Gessner, habe ein Mitarbeiter im Schnitt rund vier Tonnen gehoben und habe etwa sieben Kilometer in den weitläufigen Gängen der beiden Hallen zurück gelegt.

Ohne Computer aufgeschmissen

Über Förderbänder werden die Kartons aus den Containern weiter in die Halle transportiert. Scanner lesen automatisch den Strichcode aus, dann übernimmt der bereits erwähnte Pusher die Sortierung. Am Ende des Bandes wird die Ware dann wieder auf Paletten gepackt und verschwindet in den Tiefen der Hallen. Einzig der Computer wisse noch, wo sie dann steht. „Ohne Computer sind sie aufgeschmissen, da finden sie sich nicht mehr zurecht.“

Auch die Qualität wird in Bottrop geprüft – etwa die Wasserdichtigkeit der aktuellen Winterschuhe.
Auch die Qualität wird in Bottrop geprüft – etwa die Wasserdichtigkeit der aktuellen Winterschuhe. © Thomas Gödde

Dann greift Gessner zum Cuttermesser, öffnet einen Karton für die Leser. Darin: Zehn Schuhkartons der Eigenmarke Graceland. Die Ware wurde bereits beim Hersteller in die Kartons gepackt und auch etikettiert. In Bottrop werden die Kartons gar nicht mehr geöffnet oder gar umgepackt. Selbst die unterschiedlichen Größen finden sich schon in dem Karton. Da kommt die Statistik ins Spiel. Über das Kassensystem wird in den Filialen erfasst, welche Schuhe und auch in welchen Größen verkauft werden. Diese Statistik gibt dann vor, was an die einzelnen Filialen ausgeliefert wird. Vor Ort werde das gar nicht mehr entschieden, sagt Gessner. Von Bottrop aus fahren die firmeneigenen Lkw bis Münster, Kassel und hinunter bis Koblenz. „Die größte Filiale, die wir beliefern ist inzwischen unser Online-Shop“, verrät Gessner.

Alle Schuhe werden abverkauft

Was denn mit den nicht verkauften Schuhe passiere, wollen die Besucher wissen. Gessner führt sie auf eine Ebene, dort stehen hunderte Rollwagen, verpackt in Plastikfolie. Nicht verkaufte Ware komme zurück in das Lager, gehe aber wieder zurück in die Filiale und werde da dann abverkauft, etwa als reduzierte Ware zu Saisonbeginn. „Wir werfen hier nichts weg.“

Die vollgepackten Container kommen per Schiff aus Asien in Rotterdam an. Per Zug geht es dann nach Duisburg, die letzte Meile wird auf dem Lkw zurück gelegt.
Die vollgepackten Container kommen per Schiff aus Asien in Rotterdam an. Per Zug geht es dann nach Duisburg, die letzte Meile wird auf dem Lkw zurück gelegt. © Thomas Gödde

Was in dem Lager in Bottrop ankommt, wurde speziell für Deichmann produziert, zu 85 Prozent in Asien. Der Schuhriese beschäftigt eigene Designer, arbeitet direkt mit den Produzenten zusammen und hat den Zwischenhandel weitestgehend ausgeschaltet. Und wer mit Deichmann zusammenarbeite, müsse auch die vorgegebenen Standards akzeptieren und erfüllen, erläutert Silke Janssen von der Unternehmenskommunikation in einer abschließenden Runde. Dieser „Code of Conduct“ regele soziale Standards oder dass in den Fabriken keine Kinder arbeiten dürften. Das werde unabhängig geprüft und bei Verstößen könne der Vertrag gekündigt werden.

40 000 Mitarbeiter weltweit

Überrascht reagierte mancher Besucher auch auf die schiere Größe des Unternehmens. So arbeiten weltweit fast 40 000 Mitarbeiter für Deichmann. In 26 Ländern betreibt Europas größter Schuhhändler inzwischen fast 4000 Filialen – jedoch nicht immer unter dem eigenen Namen. So hat er etwa in den Niederlanden und den USA Ketten übernommen und den Namen beibehalten. Auch in Deutschland gehören verschiedene Ketten zum Konzern – darunter etwa Roland Schuhe.