Bottrop. . Fans feiern in der Bergarena eine rauschende Party. Sie lassen sich in die Zeit der Sixties und ihrer einst verpönten Musik versetzen.
Woran man merkt, deutlich älter geworden zu sein? Am Radio. Läuft doch auf WDR 4 längst Jimi Hendrix samt Stones und Konsorten. Auch deren Songs veredelten einen lauschigen Sommerabend in der Bergarena auf der Halde Haniel, wo das Kulturamt gleich viermal den von Tankred Schleinschock inszenierten „Beat-Club“ präsentiert.
Es wurde ein fröhliches Wiedersehen und -hören jener Jahre, als Radio Bremen mit seinem am 25. September 1965 erstmals ausgestrahlten „Beat-Club“ Fernsehgeschichte schrieb. Erstmals flimmerte die damals verpönte Musik der Sixties über einen öffentlich-rechtlichen Sender, deren Premiere der spätere Tagesschau-Sprecher Wilhelm Wieben mit der Warnung vor lauter Musik und tanzenden Jugendlichen angekündigt hatte.
Wunderbar moderiert
Logisch, dass Tankred Schleinschock, der für das Westfälische Landestheater diese musikalische Historien-Show auf die enge Arena-Bühne brachte, sein quirliges Hitparaden-Programm genüsslich mit Wiebens Worten eröffnete. Um gleich darauf mit „Halbstark“ der Bremer „Yankees“ die Uhr mächtig zurückzudrehen.
Wiedererkennendes Gelächter im weiten Rund, kurze Anekdoten-Parade der Beat-Club-Geschichte samt Würdigung des legendären Produzenten Mike Leckebusch durch Franziska Ferrari, die als Reinkarnation der wunderbaren Moderatorin Uschi Nerke bella figura machte.
Von Schlaghosen bis zum Fransenhemd
„Those were the Days“ von Sandie Shaw gab passend das Motto vor – die in Ehren ergrauten Zuhörer sangen lautstark mit, ganz klar alle „My Generation“. Was die grundsolide Band ebenso mächtig rockte wie den Cream-Klassiker „I feel free“, woraus sich zügigst eine wilde Nummern-Revue entwickelte. Rinn inne Klamotten, raus ausse Klamotten – ein Freudenfest für den Ausstatter, der von Schlaghosen bis Fransenhemd, Minirock bis Rüschenbluse alles aufbot, was der damalige Zeitgeist und der Fundus so hergab.
Eine Moden-Show par excellence samt netter Stilleben wie kiffernder Freaks, die zusammen mit den durchaus in unterschiedlicher Güte präsentierten Hits jener Jahre – neben jeder Menge „Small Faces“-Songs beispielsweise auch was von den Gelsenkirchener „Blue Flames“ und Marsha Hunt („Desdemona“) – die schwache Story am Laufen und Leben hielt. Halt Ringelpiez mit Umziehen, was die zumeist mit opulenten Picknick-Körben versehenen Zuhörer keineswegs vom begeisterten Mitschunkeln oder Mitsingen abhielt, allenfalls die mitgebrachten Snacks.
Narrensicheres Repertoire
Wirklich nachhaltigen Eindruck über das nun wahrlich narrensichere Repertoire hinaus hinterließ eigentlich nur Patrick Sühl, der seinen ersten großen Moment als tatsächlich linkshändig aufspielender Jimi Hendrix hatte, um wenig später als Tommy den „Pinball Wizard“ zu geben. Nach einem etwas klamaukigen „Mighty Quinn“ samt Pinguin wurde es in der zweiten Halbzeit deutlich rockiger mit Tracks von Jethro Tull über Procol Harum bis Black Sabbath. Und dann lief der Sänger Maximilian von Ulardt endgültig zu Höchstform auf und bot als Alice Cooper eine hinreißende Show, die Parodie und Musikalität perfekt ausbalancierte.
Als die Sonne versank, forderte das Beat-Club-Ensemble zum großen Finale „Rip this Joint“ – was vermutlich der Kohleausstieg erledigen wird, so die Sorge vieler Besucher – und kredenzte zur Freude aller schließlich noch „Brown Sugar“.
Schönes Ende einer rauschenden Party, die am 2., 4. und 5. Juli ihre empfehlenswerte Fortsetzung findet.