Bottrop. Im Kulturzentrum lässt Rainer Neuwirth 100 Jahre Musikverein Revue passieren. Neben vielen Fotos gibt es Klangbeispiele in Endlosschleife.
Die Geschichte des Städtischen Musikvereins Bottrop über ein Jahrhundert stellt das vor einiger Zeit erschienen Buch umfassend dar. Jetzt konzipierte Rainer Neuwirth eine Ausstellung zur Chorgeschichte, die nicht nur optisch wie aus einem Guss daherkommt, sondern bestimmte historische Momente und vor allem auch den Klang des städtischen Vorzeigechores geradezu sinnenfällig präsentiert.
Der geschäftsführende Chorvorsitzende - den ersten Vorsitz haben seit vielen Jahren die Oberbürgermeister der Stadt inne - hat nicht nur die 57 Tonträger „ausgegraben“, die gewisserweise die Entwicklung des Chores akustisch nachzeichnen.
Aus einer Musikbox im so genannten „Kabinett“ im Erdgeschoss des Kulturzentrums spielt in Endlosschleife eine Best-of-Auswahl aus den Platten und CDs, die seit 1965 entstanden sind.
Wobei: Auszüge aus der ersten LP - Langspielplatte, übersetzt für heutige Streaming-Nutzer - sind nicht dabei. Schade, denn Verdis „Requiem“ mit Maria Stader und Marga Höffgen als Solistinnen hatte dadurch immerhin internationales Format. Für Stader, zum Zeitpunkt der Bottroper Aufnahme auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, zählte der Sopranpart in Verdis „Requiem“ lange zu den zentralen Partien. Höffgen,aufgewachsen in Mülheim an der Ruhr, war zwischen 1960 und -75 regelmäßig bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth, aber auch in Wien und Londons Covent Garden zu erleben.
Blick auch auf die Dirigenten
In der Aufnahme spielt das Westfälische Sinfonieorchester, unterstützt werden die Bottroper durch den Musikverein Recklinghausen, denn: „Der damalige Chordirektor Hubert Reichert war nicht sonderlich beliebt“, so Neuwirth. Unter Reicherts Regime war der Chor, der in seinen Anfangsjahren über 200 Sängerinnen und Sänger zählte, stark geschrumpft.
Aber natürlich sei es eine tolle Aufnahme und zugleich ein Zeitzeugnis, nur eine Kopie von einer Mono-Aufnahme hätte bei heutigem Hörempfinden und in der Ausstellung sicher nicht so überzeugend geklungen, sagt Neuwirth.
Natürlich führt die Ausstellung, die sich in ihrer optischen Ästhetik an das Konzept der Jubiläumsbuches anlehnt, auch zu den wichtigen Stationen des Chores, zeigt die Geschichte mit den Dirigenten vom Gründungsleiter Franz Plantenberg über den langjährigen Franz Switing bis zum heutigen Leiter Friedrich Storfinger. Zwar sei der Musikverein „relativ unbeschadet“ durch die Nazi-Zeit gekommen, so Neuwirth. Aber verschwiegen will man die Geschichte während dieser dunklen 12 Jahre auch nicht - wie ein Chorfoto vor vollem Hakenkreuzschmuck beweist. Und: „Klar, dass Mendelssohn damals verboten war, da mussten eben Haydn und Co. öfter auf dem Programm stehen“, so Neuwirth.
Auch Feste und Feiern sind dokumentiert
Aber nicht nur vermeintlich trockene Geschichte, auch lebendigens Chorleben und - in einem Schwerpunkt im Obergeschoss des Kulturzentrums - geht es um die Menschen im Musikverein. Feiern und Ausflüge haben seit 1918 ihren festen Platz. Und die mittlerweile älteste aktive Sängerin, Karin Opitz (89), finden die Besucher ebenfalls erwähnt.
Von der frühen Zeit zeugt nicht nur ein Ausflugsfoto der Mitglieder von 1919. Auch die Presseaufrufe, in den neuen Chor einzutreten und der Besetzungszettel des ersten Konzertes (Haydns „Die Schöpfung“) erinnern an die frühe Zeit.
Die Eröffnung durch Oberbürgermeister Bernd Tischler findet statt am Freitag, 22. Juni, 19 Uhr im Kammerkonzertsaal des Kulturzentrums, Böckenhoffstraße 30, 46236 Bottrop. Zu sehen bis zum 25. August.