Bottrop. . Ingo Scheuer vom ASB hilft, damit Menschen mit körperlichen Einschränkungen und Demenzkranke länger in ihren Wohnungen bleiben können.

Teils helfen schon kleine Tricks und Kniffe, oft sind aber auch größere Umbauarbeiten notwendig, um eine Wohnung oder ein Haus an die Bedürfnisse von Senioren anzupassen. Welche Möglichkeiten es gibt und wer finanzielle Unterstützung bietet, das weiß Ingo Scheuer von der Wohnberatung beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) an der Kommende. Seit zehn Jahren steht er Betroffenen und Angehörigen zur Seite, damit Menschen mit körperlichen Einschränkungen und Demenzkranke möglichst lange in den eigenen vier Wänden bleiben können.

Individuelle Lösungen

„In 90 Prozent der Fälle geht es ums Badezimmer“, sagt Scheuer, der sich schon viele Situationen vor Ort angeschaut hat. Eine typische Maßnahme ist der Austausch der Wanne gegen eine bodengleiche Dusche. „Das ist mittlerweile in jeder Wohnung in jeder Etage möglich.“ Die Nutzung des Bades erleichtern zudem: ein Klappsitz in der türlosen Dusche („Es könnte eine zweite Person ja beim Duschen helfen müssen“), Armaturen in Griffhöhe, Haltegriffe. „Alles richtet sich immer nach dem Menschen, der es nutzt“, so Scheuer. Ist dieser beispielsweise auf einen Rollstuhl angewiesen, müssen die Türen mindestens 90 cm breit sein; Bewegungsflächen von 1,50 mal 1,50 Meter sollten etwa vor dem Waschbecken vorhanden sein.

Handläufe im Flur dienen der Sicherheit.
Handläufe im Flur dienen der Sicherheit. © Heinrich Jung

„Es kann auch sein, dass jemand eine Rampe braucht, um ins Haus zu kommen. Oder einen Lift, der hinten angestellt wird“, sagt Scheuer. Treppenlifte sind ein häufiges Thema; sie lassen sich nach seiner Erfahrung auch in den steilen Treppenhäusern der vielen Zechenhäuser einbauen, die es in Bottrop gibt. Kleinere wirkungsvolle Kniffe sind etwa Handläufe im Flur oder Teppiche (wenn überhaupt) mit einer flächendeckendem Antirutschmatte drunter. „Wichtig ist den Blick zu schärfen für Stolperfallen und Stellen, an denen sich leicht etwas verändern lässt.“

Schwellen müssen überbrückt werden

Schwellen seien ein weiteres großes Thema. „Die größte Schwelle ist der Eingang oder der Hintereingang.“ Seiner Erfahrung nach müssten in 90 Prozent der Fälle mindestens drei Stufen überbrückt werden. Da kommen dann wieder Rampen ins Spiel, gemauert oder angestellt aus Edelstahl – so denn der Platz dafür vorhanden ist. „Auch die Balkon- oder Terrassentür ist eine Schwelle.“ Heutzutage gebe es welche mit Magnetverschluss, die einen ebenerdigen Durchgang ermöglichen.

Eine Tür „getarnt“ als Bücherschrank – für Demenzkranke ist diese Tür damit praktisch nicht mehr vorhanden.
Eine Tür „getarnt“ als Bücherschrank – für Demenzkranke ist diese Tür damit praktisch nicht mehr vorhanden. © Heinrich Jung

Für Demenzkranke gibt es spezielle Hilfen, die nicht nur Sicherheit geben, sondern auch ein Wohlgefühl vermitteln können. Hier wird besonders genau hingeschaut: Wo entwickeln die Kranken Ängste? „Hochglänzende Flächen als Bodenbelag werden häufig als Wasser wahrgenommen“ – und daher nicht gerne begangen. Manche Demenzkranken erschrecken vor ihrem Spiegelbild, „weil sie jemand anderen dort sehen“ – also sollte der Spiegel abgehängt oder verdeckt werden. Piktogramme an Schränken zeigen, wo Tassen, Teller etc. verstaut sind.

Fluchttendenzen können Angehörige begegnen, indem sie die Haustür verstecken – hinter einem Vorhang, einem Stück Wandtapete oder wie in der ASB-Tagespflege hinter einem Bücherschrank-Bildmotiv. Darüber hinaus lasse sich technisch viel machen, etwa über eine automatische Herdabschaltung mit Hitzesensor oder ein Bügeleisen, das ausgeht, wenn es zehn Sekunden nicht benutzt wird.

Für Menschen, die häufig nachts aufstehen, hat Ingo Scheuer diesen Tipp: „Man bringt einen Bewegungsmelder unter dem Bett an und setzt ein LED-Band rundherum.“ Der Wache habe dann eine Beleuchtung – und der Partner werde nicht gestört, weil das helle Deckenlicht aus bleibt.

Zuschuss von den Pflegekassen

Jede Maßnahme will natürlich auch finanziert werden. Die Pflegekassen zahlen ab Pflegegrad 1 pro Versicherten 4000 Euro für so genannte Wohnumfeld verbessernde Maßnahmen. Bei der Antragstellung hilft Ingo Scheuer, der weiß: „Mit 4000 Euro kommt man bei einer kompletten Badsanierung eher nicht hin.“ Zudem könnten altersgerechte und die Sicherheit verbessernde Maßnahmen über die Förderbank KfW finanziert werden. „Dazu berät auch das Bottroper Wohnungsamt“, sagt der Experte. Wohnt der Betroffene zur Miete, muss für den Umbau der private Vermieter bzw. die Wohnungsgesellschaft ins Boot geholt werden. Auch dabei steht Scheuer den Ratsuchenden zur Seite.

Bei Neubauten kann der Experte ebenfalls beraten, „dort wird heutzutage vorausschauender geplant, jedenfalls bei Mehrfamilienhäusern“. Er rät auch dem privaten Bauherrn bei der Planung seines Einfamilienhauses dazu, schon an später zu denken. So könnte etwa ein Bereich im Haus vorgesehen werden, in den bei Bedarf ein Innenlift eingebaut werden kann.