Bottrop. . Nach und nach werden historische Bestände elektronisch erfasst. Firmen bieten so etwas auch kostenlos an. Doch viele Archivare sind skeptisch.

Für Familienforscher ist das Stadtarchiv eine ebenso ergiebige Quelle wie für Erbenermittler. „Wir kriegen Anfragen aus aller Welt“, sagt Stadtarchivarin Heike Biskup. Noch müssen sich die Forscher dabei im Besucherraum des Archivs durch alte Kirchen- und Standesamtsbücher kämpfen und vorsichtig Seite für Seite umblättern. Das könnte sich irgendwann ändern. Dann werden die Gäste für ihre Nachforschungen vor einem Bildschirm sitzen und digital im Gedächtnis der Stadt stöbern können.

Erste Aufträge gehen dieses Jahr raus

Die Digitalisierung alter Bücher und Bände des Stadtarchivs wird sich noch einige Jahre hinziehen.
Die Digitalisierung alter Bücher und Bände des Stadtarchivs wird sich noch einige Jahre hinziehen. © Thomas Gödde

Mehrere Jahre werde es aber wohl dauern, die alten Urkunden des Standesamtes zu digitalisieren, schätzt Heike Biskup. Erste Aufträge dafür sollen aber noch in diesem Jahr an Firmen vergeben werden. Unzählige Bücher müssen Seite für Seite fotografiert und digital verarbeitet werden. Die Kosten dafür sind hoch.

Erst seit 1874 gibt es Standesämter, denen Geburten, Eheschließungen und Todesfälle angezeigt werden müssen. Im Stadtarchiv werden Urkunden der Standesämter seit dieser Zeit für Bottrop und auch für Kirchhellen aufbewahrt. Davor gab es nur kirchliche Register für die getauften Mitglieder der Gemeinde. Bis ins 17. Jahrhundert reichen die Kirchenbücher der Gemeinde St. Cyriakus zurück, die ebenfalls im Stadtarchiv aufbewahrt werden. Ab 1673 gibt es sie – allerdings mit Lücken – bis zum Jahr 1874.

Kostenlose Nutzung

Immer mehr Menschen interessieren sich für die Geschichte ihrer Vorfahren und verfolgen ihre Wege über Kontinente und Jahrzehnte, berichtet Heike Biskup. Das haben inzwischen auch Unternehmen entdeckt, die den Kommunen ihre Hilfe anbieten und die Bestände ihrer Archive kostenlos digitalisieren wollen. Darauf würden die meisten ihrer Kollegen aber ebenso zurückhaltend reagieren, wie sie selber auch, sagt Heike Biskup. Das hat vor allem rechtliche Gründe. Denn letztlich wollen Unternehmen ihre Geschäfte damit machen. Archive müssen öffentlich zugänglich sein. Bürger haben einen Anspruch auf die kostenlose Nutzung. Das ist im Archivgesetz NRW von 2010 so geregelt.

Fotos sind im Stadtarchiv bereits digitalisiert, die Originale werden geschützt verpackt aufbewahrt. Auch Videos, Musikkassetten und Super 8-Filme gehören zu den Beständen, die jetzt erschlossen und digital nutzbar gemacht werden.

Vieles wird für Forscher einfacher

Die vielen alten Zeitungsbände – auch alte Bände der WAZ – die im Stadtarchiv lagern, sollen über das Institut für Zeitungsforschung für ein digitales Zeitungsportal nutzbar gemacht werden. Das Projekt wird vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft gefördert. Alte Ratsunterlagen und Protokolle der Stadt – seit 1843 werden sie aufbewahrt – gibt es Dank des Archivamts des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) bereits digital zu lesen.

Vieles wird für Forscher einfacher, wenn sie Unterlagen am Bildschirm lesen können. „Aber schöner ist es, mit Orginalquellen zu arbeiten“, meint die Stadtarchivarin. Diese Ansicht teilen auch viele der Besucher, die gerne im Archiv nach alten Unterlagen forschen.