Essen/Bottrop. . Beweisprobleme im Prozess des Bottroper Apothekers haben das Landgericht offenbar neue rechtliche Aspekte für eine Verurteilung sehen lassen.

Eine Verurteilung des Bottroper Apothekers rückt näher. Zwar sieht das Landgericht Essen Beweisprobleme bei der ursprünglichen rechtlichen Bewertung des Falls, gab aber am Freitag rechtliche Hinweise, welcher Delikte er dennoch schuldig sein könnte. Seit November 2016 sitzt Peter Stadtmann bereits in U-Haft. Das ist ein weiteres Indiz für seine Verurteilung: denn freilassen will die XXI. Strafkammer ihn aktuell nicht.

Richter Johannes Hidding sprach manche Nebenkläger und Medienvertreter direkt an. Man höre oft, dass es angeblich nur um Betrug an den gesetzlichen Krankenkassen gehe. Das sei aber falsch. Tatsächlich gehe es in 60 000 Fällen um einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz und in 27 Fällen um ein Körperverletzungsdelikt.

Strafrahmen bis zu zehn Jahren Haft

Dabei müsse die Kammer prüfen, ob der angeklagte Apotheker die Chemotherapien fehlerhaft hergestellt habe, weil er etwa gegen Hygieneanforderungen verstoßen oder die Medikamente unterdosiert habe. Dies sei ein „ganz erheblicher Strafrahmen mit bis zu zehn Jahren Haft im Einzelfall“.

Der zweite Tatkomplex betreffe dann den Abrechnungsbetrug: dass der Angeklagte die teuren Wirkstoffe den Kassen komplett berechnet habe, obwohl er sie nicht einkaufte.

Gericht: Keine Einzelfälle festzustellen

Der erste Hinweis betrifft die Herstellung. Da könne die Kammer nicht sagen, welche Medikamente er selbst hergestellt habe. Dennoch könne er wegen einer einzigen Gesamttat verurteilt werden, weil er als Chef für die gesamte Herstellung verantwortlich sei. Auch bei Unterdosierung und Hygieneanforderungen könne die Kammer vermutlich keinen Einzelfall feststellen. Die Alternative für eine Verurteilung liege hier bei einer „Wahlfeststellung“. Dies, so Hidding vorsichtig, seien aber nur „vorläufige Überlegungen“.

Die von Nebenklageanwalt Schulz beantragte Vernehmung von Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte die Kammer ab. Sie verspricht sich von ihr keine Erkenntnisse.