Bottrop. . Wildpinkler, Lärm und Dreck setzten den Nachbarn am Rosenmontag zu. Einige haben genug und wollen gegen Veranstaltungen auf dem Platz vorgehen.
Für die einen war es eine Riesenparty, für die anderen nur ein Riesenärgernis. Die Rede ist von der Rosenmontagsfeier vor dem Rathaus. Anwohner ärgern sich vor allem über rücksichtslose Wildpinkler, die Hauseingänge, Garagenhöfe und Hauswände kurzerhand als öffentliche Toilette missbraucht haben.
Hunderte, so schildert Werner Fiedler, seien bei ihm und seinen Nachbarn auf den Garagenhof gekommen, hätten uriniert oder sich übergeben. Ausdrücklich lobt er die Polizei, die die Nachbarn unterstützt und Platzverweise ausgesprochen hat. Denn: „Wenn wir etwas gesagt haben, wurden wir übelst beleidigt und unflätig beschimpft“, sagt er und gibt einige Beispiele, die an dieser Stelle nicht wiedergegeben werden können.
Mehr Kontrollen gefordert
Auch Gerd Kubis hat diese Beobachtung gemacht. Auch er wohnt nicht weit entfernt vom Rathausplatz, sein Hauseingang wurde ebenfalls als öffentliches Urinal missbraucht. Er fordert im Zweifel mehr Kontrollen von der Stadt.
Sechs Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes waren Rosenmontag im Einsatz, fünf Knöllchen zu je 35 Euro haben sie an Wildpinkler verteilt. Stadtsprecher Andreas Pläsken: „Das Problem ist, dass sie die Menschen auf frischer Tat ertappen müssen. Es reicht nicht, wenn ihnen jemand entgegen kommt, der gerade noch seine Hose zuknöpft.“
Punk-Konzert auf dem Stadtfest
Für Fiedler ist mit dem Rosenmontag jedoch eine letzte Grenze überschritten. Die Anwohner litten sowieso schon unter der Vielzahl der Veranstaltungen und Aktionen auf dem Ernst-Wilczok-Platz. Die seien teils auch mit Lärmbelastungen für die Anwohner verbunden, sagt er und führt ein Punk-Konzert bei einem Stadtfest an. Schon mehrmals habe er Lärmmessungen durchgeführt. „Von 16 Messungen gab es bei elf Grenzwertüberschreitungen.“ Etwa auch beim Weihnachtsmarkt. „Was bitte hat Rockmusik mit dem Weihnachtsmarkt zu tun“, fragt der Anwohner. Zumal in seinen und den Augen seiner Nachbarn es sich vielmehr um ein „Weihnachtsbesäufnis“ handele – mit ähnlichen Auswüchsen wie am Rosenmontag.
Unter dieser Rücksichtslosigkeit leiden am Ende alle
Ich kann sie schon hören, die Stimmen, die sagen, dass wer in der Innenstadt wohnt, sich über Lärm und Partys nicht beschweren darf. Vielleicht müssen Anwohner in der Stadtmitte tatsächlich etwas mehr ertragen als diejenigen, die außerhalb wohnen. Dafür haben sie im Gegenzug durch die zentrale Lage vielleicht andere Vorteile. Doch das kann nicht Antwort auf alle Klagen sein.
Vielleicht müssen sich einige Besucher solcher Veranstaltungen auch mal fragen, warum es so schwierig ist, rücksichtsvoll zu feiern, warum Rosenmontag sämtliche Hemmungen und Hosen fallen und Garagenhöfe, Hauseingänge und Wände zum Urinal gemacht werden und im Zweifel diejenigen, die das kritisieren, auch noch beschimpft werden. Derart rücksichtsloses Verhalten führt letztlich dazu, dass Anwohner die Geduld verlieren und im Zweifel jede Veranstaltung ablehnen. Mit anderen Worten: Diejenigen, die friedlich und gesittet feiern wollen, leiden unter dem asozialen Verhalten einiger weniger. Das ist nämlich auch Teil des Problems.
Rund um Rathausplatz oder Gladbecker Straße hat sich in den letzten Jahren viel entwickelt, den Anwohnern wird einiges zugemutet. Vielleicht muss es mal einen runden Tisch geben, wo Probleme besprochen werden und gemeinsam mit Veranstaltern nach Lösungen gesucht wird. Vielleicht braucht es dringend mehr Toiletten, vielleicht muss die Stadt gerade Rosenmontag gezielter gegen Wildpinkler vorgehen, so traurig das auch klingt. Die Veranstaltungen in der City will doch niemand ernsthaft gefährden.
Von der Stadt fühlt Fiedler sich im Stich gelassen. „Nach meinem Verständnis muss eine Stadt ihre Bürger auch schützen.“ Stadtsprecher Pläsken weiß um die Probleme, bestätigt, dass es zahlreiche Gespräche gab, eine Lösung habe man jedoch noch nicht gefunden. Denn: „Der Ernst-Wilczok-Platz ist ein Veranstaltungsort“, stellt er klar. Dass dort gar nichts stattfindet, sei für die Stadt nicht akzeptabel.
Stadt macht Veranstaltern Auflagen
Die Veranstalter bekämen Auflagen, die sie einhalten müssen – etwa was Sicherheitsdienst und Toiletten angeht. Was die Privatgelände angeht, da seien der Stadt die Hände gebunden, im Zweifel müssten die Besitzer sie selbst absperren, so Pläsken, wohlwissend, dass diese Antwort Anwohner nicht zufrieden stellt.
Fiedler zweifelt, dass Veranstalter für Verstöße zur Rechenschaft gezogen werden. Er will nun jeden Verstoß konsequent anzeigen und die Sache dann einem Anwalt übergeben. Dann müsste wohl ein Gericht über die Veranstaltungen vor dem Rathaus entscheiden. „Wir haben lange gewartet, auch weil ja schöne Veranstaltungen darunter sind. Aber die absolute Untätigkeit der Stadt zwingt uns, über rechtliche Konsequenzen nachzudenken.“