Bottrop. . Der Terminplan von Ralf I. und Michelle I. ist prall gefüllt. Abends geht es dann auch mal von einem Auftritt in Vonderort bis nach Feldhausen.
Der Countdown läuft. Die Karnevalssession nähert sich dem Höhepunkt. Das letzte Wochenende vor Weiberfastnacht und dem Straßenkarneval sorgt noch einmal für einen vollen Terminkalender beim Bottroper Stadtprinzenpaar. In verschiedenen Stadtteilen wird in der heißen Phase in den Sälen gefeiert, gesungen, getanzt und geschunkelt. Und alle wollen die närrischen Hoheiten Ralf I. und Michelle I. als Ehrengäste und Höhepunkt ihrer Veranstaltung dabei haben. Die WAZ hat die Karawane Samstagabend begleitet – von Termin zu Termin.
18.45 Uhr. Treffpunkt am Schützenhaus des BSV Vonderort, einer eher kleinen Lokalität, die mit einem Zeltanbau vergrößert wurde. Der Kleinbus mit dem Prinzenpaar und etliche Fahrzeuge mit dem Hofstaat treffen ein, Bannerträger, Adjutanten, Prinzengarde und einige Eltern der Tänzerinnen. Vor dem Bus wird das Outfit vervollständigt, Ralf I. befestigt die langen, kostbaren Federn an seiner Kappe. Das Maskottchen der Prinzengarde wird aufgeputzt. Der kleine Bär hat gerade einen neuen Namen bekommen. „Michelle Sabrina“, weil man festgestellt hat, dass es ein Mädchen ist.
Über eine matschige Böschung geht es zum Hintereingang. In einem engen, voll gestellten Flur werden die letzten Vorbereitungen getroffen, die Überschuhe ausgezogen. „Meine Schuhe werden nie mehr sauber“, klagt eine der Tänzerinnen. Warmtanzen ist nicht möglich, ein bisschen Trampeln muss reichen. Dann geht’s los. Einmarsch: „Ach wär ich nur, ein einzig Mal, ein stolzer Prinz im Karneval.“ Es folgen Begrüßung, Proklamation, Ordensverleihung und der Tanz. Dann noch Raketen und der Ausmarsch. Es geht weiter. Schnell zu den Autos. Schminkutensilien werden ausgetauscht, Pinsel, Lippenstift – eben alles, was frau im Karneval so braucht.
19.25 Uhr. Es muss schnell gehen, der nächste Termin ist in Feldhausen. Also 17 Kilometer quer durch die Stadt. Im Bus ist die Stimmung entspannt: „Michelle, brauchst du noch Glitzer für die Haare?“ „Wir sind gut in der Zeit!“ Das ändert sich etwas, das Navi führt uns zwar nach Feldhausen, aber alle erkennbaren Wege sind versperrt. Also raus aus dem Bus und zu Fuß weiter. Zum Glück ist es trocken. Am Ziel angekommen, haben einige Fahrzeuge doch den Parkplatz erreicht, sie sind einfach der Beschilderung zum Pfarrheim gefolgt.
19.50 Uhr im Pfarrheim beim „Feldhauser Karneval“. Diesmal dient ein Keller zur Vorbereitung. Die Junioren-Tanzgarde ist auch eingetroffen, die Truppe wird immer größer. Erste Meldungen kommen: „Michelle, die Bühne ist viel zu klein, da passen nicht alle drauf!“ Die Prinzessin improvisiert, ruft alle zusammen und organisiert den Auftritt. Auf steiler, verstopfter Treppe wird gewartet, bis es losgeht. „Ach, wär ich nur...“ Der Auftritt ist trotzdem etwas Besonderes, es ist der erste Auftritt eines Stadtprinzenpaares in Feldhausen. Die Tollitäten freuen sich, „so viele Kostümierte im Saal zu sehen.“
20.30 Uhr. Die Rückfahrt nach Bottrop bietet Zeit für Planung. „Wie viele Orden gibt es?“ Dann folgt die Ansage: „Keine Zugabe gleich, die Zeit ist knapp“. Ralf I. behält die Uhr höchstpersönlich im Blick, treibt die Truppe wenn nötig an. Pagin Marie Klein findet die vielen Auftritte nicht besonders anstrengend: „Es sind ja viel Pausen dazwischen.“ Wenn man zehn Jahre alt ist, sieht man die Sache sicherlich zu Recht so locker.
21 Uhr. Ankunft an der Herz- Jesu-Kirche. Raus aus dem Bus. „Die Mädchen sofort rein, es ist kalt.“ Diesmal ist genug Platz für die Vorbereitung, die Kleidung wird restauriert, eine Sicherheitsnadel wird dringend benötigt. Die langen Federn werden neu ausgerichtet, sie haben während der Fahrt gelitten. Dann das übliche Programm, diesmal gibt es kleine Geschenke. Der Busfahrer – übrigens der Vater des Prinzen – wartet schon. Eigentlich wollte er nur ein paar Fahrten machen, inzwischen ist es ein Fulltime-Job „Die Prosperstraße ist gesperrt, wir müssen außen herum.“
21.50 Uhr. Die KG Boy erwartet den Auftritt in der Aula Welheim. Die Aufstellung beginnt im Garderoben-Vorraum, aber es zieht sich noch etwas hin. Letzte Hand wird an die Kostüme gelegt, an der Kleidung wird gezupft, die Frisur geordnet, das Make-Up aufgefrischt, bevor es in den Saal geht: „Ach wär ich ...“
22.40 Uhr. Auf geht’s zur letzten offiziellen Station. Die Stimmung im Bus ist gelöst, Musik läuft, es wird lauthals mitgesungen „Leev Marie“, „Kölsche Jungs“ und irgendetwas mit Polka, Olga und Wodka. Pizzaschnecken werden herumgereicht. Kurze Organisation: Adjutantin Sabrina notiert auf einer Tafel Namen zukünftiger Ordensträger. Vorher muss die alte Aufschrift gelöscht werden: „Wer hat ein Taschentuch? Spucke habe ich selber.“
22.55 Uhr Ankunft an der Willy-Brandt-Gesamtschule. Es regnet leicht, der Busfahrer hält direkt am Eingang. Drinnen ist es wieder mal anders: Jetzt dient ein Klassenraum als Garderobe. Im Saal bei der KG Stellkeswägg ist es aber wieder wie überall. Marie Kleins Schlusssatz: „Jetzt seid ihr mit Feiern dran“ wird befolgt.
23.45 Uhr. Feierabend, aber ein Teil der närrischen Truppe fährt noch zur Boy zurück, will noch etwas entspannter feiern. Ein langer anstrengender Abend, an dem viel Freude verbreitet wurde, geht zu Ende. Michelle I. versichert glaubhaft: „Wir genießen jeden Moment.“ Aber ohne das strenge Protokoll kann man auch genießen. „Und morgen sind ja nur zwei Auftritte.“