Bottrop. . Der Chef des Josef-Albers-Gymnasiums geht in den Ruhestand. Vor 44 Jahren kam er als Aushilfslehrer. Er hat die Schule entscheidend geprägt.

Wenn Reinhard Schönfeld, der Leiter des Josef-Albers-Gymnasiums, am Monatsende in den Ruhestand geht, dann fehlen ihm genau vier Tage an 44 Jahren Arbeit an dieser Schule. Als er 1974 kam, war er noch Student und wurde Aushilfslehrer. Und die Schule war das Städtische Mädchengymnasium Bottrop. Er wurde hier auch Referendar und blieb danach an der Schule, erlebte 1976 die Einführung der Koedukation mit und auch die Suche nach einem neuen Namen für das Gymnasium. Er hat am Josef-Albers-Gymnasium Karriere gemacht und das Bild dieser Schule geprägt.

Verabschiedung am Freitag

Die Verabschiedung von Reinhard Schönfeld findet am morgigen Freitag ab 11 Uhr in der Aula des JAG statt. Er geht Ende Januar in den Ruhestand.

Seine Stelle muss anschließend von der Bezirksregierung Münster ausgeschrieben werden. Bis zur Neubesetzung wird wohl einige Zeit vergehen. Beim HHG war es 2016/17 ein Jahr.

Sehen Sie Ihrem bevorstehenden Abschied mit Freude oder Sorge entgegen?

Ich werde doch ein bisschen melancholisch, wenn ich daran denke. Ein wenig fühle ich mich so wie der Altbauer, der den Hof übergibt. Ich werde bis zum letzten Tag arbeiten wie immer. Wie es weiter geht, das sehe ich dann. Vielleicht kommt der Pensionsschock. Aber ich mache mir da eigentlich keine Sorgen. Erst einmal fahre ich für drei Wochen allein in die Bretagne in das Haus eines französischen Freundes und mache mir dort Gedanken, wie es weitergeht.

Sind sie denn auch ein bisschen froh weil Sie nun die bevorstehende Rückkehr zu G 9 nicht mehr vorbereiten müssen?

Ja, das wird wieder ganz viel Arbeit. Und einen Umbau habe ich schließlich hinter mir. Kürzlich habe ich beim Aufräumen ein 15-seitiges Konzeptpapier von mir gefunden zur Umsetzung von G 8, das stammte aus dem Jahr 2000. Wir haben den Laden hier ziemlich umgekrempelt seit ich Schulleiter wurde. Wir werden den Pflichtunterricht auch bei G 9 weiterhin für alle Schülerinnen und Schüler am Vormittag halten, weil sich das bewährt hat. Nachmittags gibt es nur freiwillige Angebote, pro Schuljahr rund 60. Wir haben damals das kooperative Lernen eingeführt und Fortbildungen für neue Arbeitsformen mit allen Lehrern durchgeführt. Wir haben nach langen Diskussionen – denke ich – viele intelligente Lösungen gefunden. Die Lehrer arbeiten zusammen, alles ist standardisiert. Unsere Schüler haben damit ein verlässliches Bildungsangebot. Und es gibt eine hohe Zufriedenheit an der Schule. Bildung ist mehr als Pauken, die Schüler müssen auch ihre Stärken und Begabungen entdecken und ausfeilen können.

Es muss wieder Ruhe einkehren

Dieses „rein in die Kartoffeln und raus aus den Kartoffeln“ werde ich ebenfalls nicht vermissen und auch nicht die ganze Bürokratie. Manchmal habe ich den Eindruck, oft geht es nur um das Etikett, das man irgendwo drauf kleben kann, wie bei der Inklusion. Niemand hat ernsthaft etwas gegen Inklusion, aber dafür hätte man richtig viel Geld in die Hand nehmen und viel bessere Bedingungen schaffen müssen. Es ist wichtig, dass in den Schulen jetzt wieder Ruhe einkehrt.

Mehrere hundert Schülerinnen und Schüler des JAG haben im
Mehrere hundert Schülerinnen und Schüler des JAG haben im

Gibt es oft Konflikte mit Eltern, die mit Noten oder Entscheidungen der Schule nicht einverstanden sind?

Wir haben hier eine sehr freundliche Elternschaft, die sehr viel Vertrauensvorschuss gewährt. In Düsseldorf oder Münster sieht die Welt schon anders aus. Man muss den Eltern aber auch klar machen, dass die Schule eine Anstalt ist, in der Profis arbeiten. Unsere Schülerschaft fand ich immer toll, das sind kluge, freundliche, junge Leute. Man muss ihnen aber auch Grenzen aufzeigen. Ich war 26 Jahre SV-Verbindungslehrer und auch über lange Jahre Oberstufenkoordinator: Diese Nähe zu den Schülern bestimmt bis heute mein Verständnis als Schulleiter.

Geben Sie auch heute noch Unterricht?

Ich habe das lange versucht, weil ich immer gerne unterrichtet habe und besonders gerne Klassenlehrer war. Inzwischen klappt das aber nicht mehr. Die Anforderungen an die Lehrer und auch an den Schulleiter sind erheblich gewachsen. Wenn es früher mittags geklingelt hat, konnte man davon ausgehen, dass viele Lehrer erst einmal aufs Sofa gehen und ein Mittagsschläfchen machen. Das ist heute nicht mehr so. Das Lehrersein ist im Hinblick auf die Freizeit nicht attraktiver geworden. Um so schöner ist es, dass es hier so viele engagierte Kollegen gibt, die ganz tolle Arbeit machen.

Wollten Sie immer schon Lehrer werden?

Nein, überhaupt nicht. Eigentlich wollte ich nie Lehrer werden. Ich habe erst Publizistik und Theaterwissenschaften studiert, und dann schließlich Germanistik, Sozialwissenschaften und evangelische Religion.

Abiturzeugnisse gab es pudelnass

Woran denken Sie gerne zurück?

Besonders gerne an die Momente, die schwierig waren, die wir aber dennoch gut gemeistert haben, beispielsweise als uns vor zwei Jahren unsere Abiturzeugnisvergabe abgesoffen ist. In den Saalbau konnten wir nicht mehr wegen der Flüchtlinge, also sind wir damals auf den Lichthof des Berufskollegs ausgewichen. Der war aber nach heftigen Regenfällen wegen eines explodierten Stromaggregats von der Feuerwehr kurzfristig gesperrt worden, und wir mussten pudelnass eine „Notvergabe“ in der Schulaula improvisieren, die allen unvergessen bleiben wird.

Aber es gibt natürlich auch ganz schreckliche Erinnerungen, wie beispielsweise an den Tag, als eine unserer Schülerinnen beim so genannten der Abiturientensturm auf das Rathaus schwer verletzt worden ist. Das war für uns alle ganz furchtbar.

Überhaupt ist so ein Schulleiterleben höchst ereignisreich: Beim Aufräumen habe ich in einer Schublade viele persönliche Briefe an mich, Karten von Hochzeiten oder Geburten, auch von Todesfällen wiedergefunden. Da sehe die Bilder vieler Menschen, denen ich begegnet bin und deren persönliche Schicksale sehr gegenwärtig vor mir.