Bottrop. . Im Handwerk überschattet der Mangel an Auszubildenden die Freude über volle Auftragsbücher. Kreishandwerkerschaft sieht große Herausforderungen.
Die gute Nachricht zuerst: Das Handwerk boomt. Überaus zufrieden schaut Egbert Streich, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Emscher-Lippe-West, auf die aktuelle Situation der Betriebe im Stadtgebiet. „Die Auftragsbücher sind voll und es gibt wohl kaum einen Betrieb, der momentan nicht etwa ein Quartal Vorlauf hat, um einen neuen Auftrag zu erledigen.“ Mit großer Sorge beobachtet Streich jedoch die wachsenden Probleme bei der Suche nach Nachwuchs. „In 2017 haben wir nur 610 Ausbildungsverträge abgeschlossen – 100 weniger als im Jahr zuvor.“
Handwerk ist vielseitig
Das läge jedoch absolut nicht daran, dass es keine Ausbildungsplätze gebe. „Immer mehr Betriebe, die ausbilden möchten, müssen leider die Erfahrung machen, keine geeigneten Auszubildenden zu finden“, stellt Egbert Streich fest. Bis zuletzt habe es zwar sowohl freie Lehrstellen als auch Bewerber gegeben, aber es habe halt nicht zueinander gepasst. „Und leider ziehen sich manche Betriebe ganz aus der Ausbildung zurück, wenn sie mehrere Jahre hintereinander vergeblich einen Auszubildenden suchen.“ Hinzu käme, dass momentan geburtenschwächere Jahrgänge die Schulen verlassen und „die meisten jungen Leute drängen ins Studium“, so Streich. „dabei ist gerade das Handwerk der Wirtschaftszweig, der boomt. 2030 werden sich Handwerker eine goldene Nase verdienen!“
Drum sei es wichtig, das Jugendliche und ihre Eltern bei der Berufswahl die vielseitigen Möglichkeiten im Handwerk im Blick haben. „Ein selbstbestimmtes Leben lässt sich im Handwerk oftmals besser führen als in vielen anderen Berufen. Die Arbeit macht Spaß, es gibt viele Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten bis hin zum Meisterbrief und immer die Chance der Selbstständigkeit.“
Im gesamten Emscher-Lippe-Raum gebe es schon jetzt zu wenige Handwerker. „Wenn sich die Situation nicht ändert, wird es durch den Fachkräftemangel in naher Zukunft viele Betriebsschließungen gebe“, befürchtet Streich.
Programme für Flüchtlinge
Die „Lehrstellenrallye“ für das kommende Ausbildungsjahr, so Streich weiter, habe bereits begonnen. „Junge Leute, die sich für ein Handwerk interessieren, sollten sich am besten schon jetzt aktiv bewerben und den Betrieb durch ihr Interesse überzeugen. Dann klappt es auch mit der Lehrstelle“, zeigt sich Streich überzeugt.
Die Idee, dass Flüchtlinge, die künftigen Personalsorgen im Handwerk auffangen könnten, habe sich zerschlagen. „Nur sehr wenige Flüchtlinge konnten im vergangenen Jahr in Ausbildung vermittelt werden“, stellt Streich fest. Stattdessen würde in verschiedenen staatlich geförderten Programmen Aufbauarbeit geleistet. Im Programm „Perspektiven für junge Flüchtlinge“ seien derzeit 29 Plätze belegt, in der „Berufsorientierung für Flüchtlinge“ 14. „Die Sprache ist einfach die größte Hürde“, meint Streich. „Verständigung klappt ja oft irgendwie, aber sowie die Anforderungen höher werden, beispielsweise Sicherheitsvorkehrungen verstanden werden müssen, dann hakt es.“
Fahrverbote würden Handwerker voll treffen
Mit großer Sorge blickt Egbert Streich dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Fahrverboten für Dieselfahrzeuge entgegen. „Das würde die Handwerker voll treffen, denn nahezu alle haben ihre Fahrzeuge auf Diesel umgerüstet. Wie sollen Handwerker bei Fahrverboten zu ihren Kunden kommen? Da wird es Lösungen geben müssen!“