Essen/Bottrop. . Im Apothekerprozess um gepanschte Krebsmittel will die Nebenklage Kanzlerin Merkel hören. Angeblich weiß sie mehr über die Schuld des Apothekers.

Im Bottroper Apothekerprozess um gepanschte Krebsmedikamente soll jetzt auch noch die Bundeskanzlerin aussagen. Das beantragte am Donnerstag vor dem Landgericht Essen zumindest Andreas Schulz, der als Nebenklageanwalt mehrere der betroffenen Patienten vertritt. Die Vernehmung der Bundeskanzlerin, so Schulz in seinem Antrag, „wird ergeben, dass der Angeklagte schuldig im Sinne der Anklage ist“.

Antwort aus Kanzleramt

„Im Sinne der Anklage“ entspricht zwar nicht ganz der bisherigen Nebenklagestrategie, im Gegensatz zur Anklage dem Apotheker Peter Stadtmann (47) einen Tötungsvorsatz zu unterstellen.

Aber um derartige Feinheiten geht es in dem Antrag offenbar auch nicht. Anlass ist ein Briefwechsel der Nebenklägerin Heike Benedetti, die der Kanzlerin am 2. Januar eine E-Mail schickte, in der sie eine verbesserte Kontrolle von Apothekern forderte.

Kriminelles Fehlverhalten angesprochen

Schon zwei Tage später antwortete das Kanzleramt. Neben vielen anderen Punkten stand darin auch ein Satz zum Verfahren vor dem Landgericht Essen. Laut Schulz: „... dass es sich bei den Bottroper Geschehnissen um einen Einzelfall kriminellen Fehlverhaltens handelt.“ Daraus leitet der Rechtsanwalt der Opfer ab, „dass der Zeugin Merkel ... maßgebliche Erkenntnisse vorliegen, die für die Schuld- und Straffrage des Angeklagten von Bedeutung sind“.

Anzunehmen ist, dass die XXI. Strafkammer, die bislang eine sachliche Verhandlungsführung bewiesen hat, diesen ins Blaue zielenden Antrag zurückweisen wird. Anträge der Nebenkläger beschäftigen das Gericht bislang weit mehr als die der Verteidigung.

Rechtsanwalt kritisiert seine Kollegen

Rechtsanwalt Hans-Reinhardt, der ebenfalls ein Opfer vertritt, hatte das Verhalten seiner Kollegen bereits vor Wochen als „unsachlich und unnötig“ bezeichnet, weil es den Prozess in die Länge ziehe. Reinhardt: „Die Opfer sind doch an einem zügigen Abschluss interessiert, damit dann der Bundesgerichtshof über die Frage entscheiden kann, ob der Apotheker mit Tötungsvorsatz gehandelt hat.“