Bottrop. . Sämtliche Mitarbeiterinnen treten früh am Morgen zur Inventur bei Mensing an. Tausende Teile müssen unter Zeitdruck registriert werden.

Wo sonst Raum für modisches Kombinieren und Lässigkeit ist, ist an diesem frühen Montagmorgen nichts als Präzision gefragt: Lange bevor sich die Türen für die Kunden öffnen sind sämtliche Mitarbeiterinnen im Modehaus Mensing angetreten, um genau zu zählen. Jeder Damenpulli, jede Herrenhose, jede Kindermütze, jedes Tuch oder Lederarmband will dabei erfasst werden. Rund 35 000 Teile, schätzt Storemanagerin Marion Schnippert, werden am Ende registriert sein. Die Zeit drängt. Schließlich soll das Geschäft an diesem Tag für die Inventur nicht allzu lang geschlossen bleiben müssen.

Jedes Etikett wird mit einem Handscanner eingelesen. Alle Artikel, die im Laden verkauft werden, müssen registriert werden.
Jedes Etikett wird mit einem Handscanner eingelesen. Alle Artikel, die im Laden verkauft werden, müssen registriert werden. © Thomas Gödde

Und so arbeiten die rund 40 Kolleginnen bereits seit 7.30 Uhr auf den Modehaus-Etagen emsig – und auffallend still. Was zu hören ist, das ist das Schieben und Rutschen von Bügeln über Kleiderstangen. Und das stetige Piepsen der Handgeräte, mit denen die Mitarbeiterinnen ausgestattet sind. Denn im 21. Jahrhundert werden natürlich keine Strichlisten per Hand geführt, sondern die einzelnen Etiketten eines nach dem anderen eingescannt.

Waren werden in Fächer unterteilt

Technik, die die Arbeit erleichtert. Aber manchmal auch Rätsel aufgibt. Eine Mitarbeiterin hat sich offenbar verdrückt und eilt Hilfe suchend auf Heike Lightburn zu, die zusammen mit Kim Frauns das Inventurbeauftragten-Duo im Geschäft bildet. Das Problem ist schnell gelöst, und zurück geht’s zu den Kleidungsstücken, Accessoires und Co. „Alles, was wir verkaufen, muss eingelesen werden“, fasst Heike Ligthburn schlicht zusammen. Und im Anschluss wieder perfekt für den Verkauf präsentiert werden.

In Vorbereitung der Inventur hat Heike Ligthburn zusammen mit Kim Frauns die Waren in so genannte Fächer eingeteilt, die mit handschriftlich nummerierten gelben Klebe-Zetteln markiert sind. Ob die Ware in Regalen gestapelt liegt, auf Bügeln hängt oder auf Tischen präsentiert wird – ein Inventur-Fach umfasst jeweils um die 100 Teile. „Ein Fach darf nicht zu groß sein“, erklärt Kim Frauns. „Denn wenn man beim Registrieren ins Stocken kommt, muss man ja wieder von vorne anfangen.“

Es wird exakt kontrolliert

Damit das möglichst nicht passiert, sind Ruhe und Konzentration die höchsten Gebote an diesem Morgen. Weder darf zu wenig erfasst werden – noch zuviel. Damit die Zahlen am Ende stimmen, wird exakt kontrolliert. Die Handgeräte werden an drei zentralen Geräten, dem so genannten Konzentrator, Fach für Fach ausgelesen. Den jeweiligen weißen Bon-Zettel mit der registrierten Stückzahl legt die verantwortliche Mitarbeiterin zum Fach und zeichnet ihn links oben ab. Eine andere Kollegin zählt nach – und unterschreibt oben rechts.

Es sei denn, sie kommt zu einem anderen Ergebnis. „Dann wird das Fach durch die Inventurbeauftragten storniert und muss nochmal neu gemacht werden“, sagt Marion Schnippert. Sie nimmt selbst Stichproben vor und weiß, dass Zeit raubende Fehler immer wieder vorkommen können. Zusammen mit ihren Inventurbeauftragten strahlt sie selbst – bei allem Zeitdruck – möglichst viel Ruhe und Gelassenheit aus. „Man darf nicht wirken wie ein hektisches Huhn“, bemerkt Heike Lightburn. „Außerdem ist Nervennahrung wichtig“, ergänzt Kim Frauns. Süßes steht daher an zentralen Stellen bereit.

Überprüfung des Warenbestands

Seit Ende vergangener Woche wird gezählt

Angefangen wurde mit der Inventur in dem Modehaus schon am Freitag, erzählt Storemanagerin Marion Schnippert. Alles, was im Lager ist, sei an diesem Tag bereits gezählt worden. Und am Samstag seien einzelne Wände abgesperrt worden, um Kleinteile wie Socken zu zählen.

Natürlich kommt es auch vor, dass die Mitarbeiterinnen bei der Inventur auf einen Artikel ohne jede Auszeichnung stoßen. In diesem Fall kommt Kollegin Eva Rohlf zum Einsatz: Sie hält die Stellung an der zentralen Kasse und kann bei Bedarf fehlende Etiketten sofort ausdrucken.

Und warum wird der ganze Aufwand überhaupt betrieben? „Weil wir damit den Warenbestand überprüfen“, sagt Marion Schnippert; Fehler im Warenwirtschaftssystem fallen auf diese Weise auf. „Zählen wir von einem Pulli, der eigentlich 20mal da sein sollten, heute im Laden gar kein Stück, weist das darauf hin, dass beim Wareneingang etwa nicht richtig gebucht worden ist.“ Auch für die Ermittlung der Diebstahlsquote sei die Inventur wesentlich. „Da fehlen dann kleinere Stückzahlen“, so Schnippert. „Ganz beliebt ist das bei Lederjacken.“ Insgesamt sei die Diebstahlsquote Dank Kamersystem und Warensicherung im Haus nicht so hoch. „Wenn, dann sind es oft richtige Profis, die etwas stehlen.“